Wieder und wieder passiert es in Deutschland, dass Gerichte den Anwälten ihr eigenes Vergütungsrecht vor Augen führen müssen. Und dies, obgleich die Regale der Fachbibliotheken voll mit Kommentaren sind, in denen das nachzulesen ist, was das OLG München erneut als rechtliche Selbstverständlichkeit feststellen muss:

Ein Mandant kann von seinem – hoffentlich – rechtskundigen Anwalt erwarten, dass von diesem eine vom Mandanten oder auch vom Anwalt gewünschte, jedenfalls aber von beiden akzeptierte Vergütungsvereinbarung so "in Form gebracht" wird, dass sie auch gerichtsfest ist. Wenn sich also der Anwalt – und dies dürfte ja wohl nach wie vor die Regel sein – bereit erklärt, eine Vergütungsvereinbarung abzuschließen, so ist er natürlich auch dafür verantwortlich, dass dies rechtswirksam geschieht.

Unterlässt er dies, so ist er in der Tat dem Mandanten gegenüber schadensersatzpflichtig, jedenfalls aber gehindert, aus seiner eigenen Inkompetenz auch noch Vorteile ziehen zu können.

Genau ein solcher Fall lag dem OLG München aber vor. Obgleich die Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung offensichtlich war, zog der Rechtsanwalt vor Gericht und begehrte nicht etwa die allenfalls noch geschuldete, unter den gesetzlichen Gebühren liegende Restsumme aus der unwirksamen Vereinbarung, sondern meinte, nunmehr genau den stattlichen Betrag nach den gesetzlichen Gebühren abrechnen zu können, den zu vermeiden die Parteien – wenn auch unwirksam – vereinbart hatten.

Ganz offensichtlich hatte die hier klagende Partei ebenso wenig wie der Zedent Rspr. u. Lit. vor Klageerhebung geprüft. Unschwer hätte er erkennen können, dass der BGH und die Obergerichte schon seit Jahren solchen Vorgehensweisen von Anwälten einen Riegel vorgeschoben haben. Insoweit darf die auch in der Entscheidung zitierte Rspr. u. Lit. in Erinnerung gerufen werden.[1] Die Rechtsunkenntnis der klagenden Partei und des Zedenten ist umso erstaunlicher, als im Zusammenhang mit der Neuregelung des Rechts der Vergütungsvereinbarung zum 1.7.2008 eben diese Rspr. noch ausführlich thematisiert worden war.[2]

Es ist daher ausdrücklich zu begrüßen, dass das OLG München diese Rspr. zum alten Recht der Vergütungsvereinbarung nochmals bestätigt und ausdrücklich hervorhebt, dass man jetzt eine höhere – gesetzliche – Vergütung gerade dort nicht verlangen kann, wo der Mandant durch eine – wirksame – Vereinbarung dies hat vermeiden wollen. Nach altem, d.h. bis zum 30.6.2008 geltenden Gebührenrecht wäre man in einem vergleichbaren Fall zu diesem Ergebnis wohl ohnehin gekommen, weil ein Unterschreiten der gesetzlichen Vergütung das Schriftformerfordernis nicht zum Diktum machte. Auch eine solche Vergütungsvereinbarung "sollte" seinerzeit schriftlich erfolgen, musste aber nicht.

Bedenklich erscheint auf den ersten Blick allerdings die Aussage des Gerichts zu den gerichtlichen Anwaltsgebühren. Das Gericht stellt darauf ab, dass der Zedent bei seiner mündlichen Vernehmung ausdrücklich zugegeben habe, dass die vereinbarte Vergütung sich auch auf den gerichtlichen Bereich beziehen und somit auch dort die gesetzlichen Festgebühren unterschreiten sollte. Soweit hierin ein klarer Verstoß gegen geltendes Berufsrecht zu sehen ist (vgl. § 49b BRAO), mag dies die Rechtsanwaltskammer oder gar die Generalstaatsanwaltschaft beschäftigen. Der BGH hat aber schon bisher in der älteren Rspr. zum Ausdruck gebracht, dass derartige Berufsrechtsverstöße nicht dazu dienen können, dass der Anwalt aus eben diesen gegen den Mandanten auch noch Vorteile zieht.

Ganz offensichtlich lässt man es bei dieser Rspr. zugunsten des Mandanten ungeklärt, ob er das gerichtliche Verfahren nicht auch geführt hätte, wenn der Anwalt – berufsrechtlich konform – zumindest dort auf Zahlung der gesetzlichen Mindestgebühren bestanden hätte.

An diesem Punkt lässt sich das Urteil möglicherweise kritisieren, im Endergebnis wird man aber damit leben können und wohl auch müssen, dass das anwaltliche Berufsrecht weniger ein Problem des Mandanten als das des Anwalts ist und auch bleiben muss.

Damit wird es wohl auch in Zukunft dabei bleiben, dass auch unwirksame Vergütungsvereinbarungen dem Rechtsanwalt nicht zugute kommen können, es sei denn, der Mandant selbst hat auf die Unwirksamkeit erfolgreich hingewirkt, eine Situation, die allerdings stets die Nachfrage nach der Vergütungsrechtskompetenz eines zugelassenen Anwalts nach sich ziehen wird.

Und schließlich ist die Entscheidung des OLG München von besonderem Interesse, als dem betroffenen Mandanten auch die außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zur Abwehr eines unbegründeten Zahlungsanspruchs auferlegt worden sind. Dies ist keineswegs so selbstverständlich, wie dies in dem Urteil dargestellt wird.[3]

Insgesamt ist die Entscheidung des OLG München jedenfalls eine zu begrüßende, weil der nochmaligen Klarstellung dienende Entscheidung und ein Appell an die Anwaltschaft, sich mit dem eigenen Vergütungsrecht wenigstens dann etwas näher zu beschäftigen, wenn man Vergütungsvereinbarungen treffe...

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