I. Umsetzung von Europäischem Recht

Die Europäische Union hat am 15.5.2014 die Europäische Kontenpfändungsverordnung (EuKoPfVO[1]) erlassen. Gläubiger sollen in die Lage versetzt werden, in allen EU-Mitgliedstaaten unter denselben Bedingungen Beschlüsse zur vorläufigen Kontenpfändung zu erwirken.[2] Der Gläubiger kann gem. Art. 1 Abs. 1 EuKoPfVO mit einem Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung verhindern, dass die spätere Vollstreckung seiner Forderung dadurch gefährdet wird, dass Gelder bis zu dem im Beschluss angegebenen Betrag, die vom Schuldner oder in seinem Namen auf einem in einem Mitgliedstaat geführten Bankkonto geführt werden, überwiesen oder abgehoben werden.

Die EuKoPfVO gilt in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar, bedarf jedoch einiger ergänzender Durchführungsvorschriften durch das am 25.11.2016 verkündete "Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeitreibungsordnung (EuKoPfVODG)" v. 21.11.2016.[3] Darin sind u.a. neue kostenrechtliche Regelungen für die Gerichts- und Rechtsanwaltskosten enthalten, die durch die Einführung eines Beschlusses zur Europäischen Kontenpfändung in §§ 946 ff. ZPO zum 18.1.2017 erforderlich geworden sind.

[1] Verordnung (EU) Nr. 655/2014 vom 15.5.2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen (ABl L 189 v. 7.6.2014, S. 59).
[2] Vgl. BT-Drucks 18/7560, 1.
[3] BGBl I, 2591; vgl. BT-Drucks 18/7560, 1.

II. Verfahrensrecht

1. Arrestverfahren und Arrestvollziehung

Das in der EuKoPfVO geregelte Verfahren ist grds. strukturell vergleichbar mit dem Arrestverfahren gem. §§ 916 ff. ZPO in Verbindung mit einem Kontenpfändungsbeschluss nach § 829 ZPO.[4] Das Konto des Schuldners wird lediglich vorläufig gepfändet, eine Befriedigung des Gläubigeranspruchs durch Überweisung zur Einziehung oder an Zahlungs statt (vgl. § 835 ZPO) erfolgt nicht.[5]

Die EuKoPfVO sieht den Erlass einen einheitlichen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung vor, der nach Art. 23 ff. EuKoPfVO von der Bank umzusetzen ist. Dagegen sind nach der ZPO im Arrestverfahren für eine Kontopfändung zwei Phasen zu durchlaufen:

1. Zunächst erfolgt die Anordnung des Arrests durch Arrestbeschluss (§§ 916 ff. ZPO).
2. Anschließend ist noch der Arrestbeschluss gem. §§ 928930 ZPO i.V.m. den Vorschriften zur Zwangsvollstreckung zu vollziehen (Pfändungsbeschluss gem. § 829 ZPO).
[4] Vgl. BT-Drucks 18/7560, 32.
[5] Vgl. BT-Drucks 18/7560, 32.

2. Regelungen in der ZPO

Für das Verfahren auf Erlass des Europäischen Beschlusses zur Kontenpfändung sind die Bestimmungen der EuKoPfVO maßgebend. Gem. Art. 46 EuKoPfVO richten sich aber sämtliche der in der EuKoPfVO nicht ausdrücklich geregelten verfahrensrechtlichen Fragen nach nationalem Recht. Deshalb enthalten die neu eingeführten §§ 946 ff. ZPO die notwendigen nationalen Durchführungsvorschriften, insbesondere zur Klarstellung, welche Gerichte, Behörden und Personen im Inland für den Erlass und die Durchführung des Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, für die Veranlassung und die Durchführung von Zustellungen sowie für die Entscheidung über etwaige Rechtsbehelfe zuständig sind.[6]

[6] Vgl. BT-Drucks 18/7560, 32.

3. Erlass des Kontopfändungsbeschlusses nach Art 5 EuKoPfVO

Art. 5 EuKoPfVO zeigt zwei verschiedene Varianten des Erlasses des Europäischen Beschlusses zur Kontenpfändung auf:

1. Nach Art. 5 Buchst. a) EuKoPfVO kann ein Beschluss zur vorläufigen Pfändung ergehen, bevor der Gläubiger in einem Mitgliedstaat ein Verfahren gegen den Schuldner in der Hauptsache einleitet oder während eines solchen Verfahrens, bis die gerichtliche Entscheidung erlassen oder ein gerichtlicher Vergleich gebilligt oder geschlossen wird. Dieses Verfahren ist vergleichbar mit dem Arrestverfahren nach der ZPO (§§ 916 ff. ZPO) und dessen Vollziehung. Das Gericht muss hier eine Prüfung des dem Antrag zugrunde liegenden Zahlungsanspruchs vorzunehmen.[7]
2. Nach Art. 5 Buchst. b) EuKoPfVO kann ein Beschluss zur vorläufigen Pfändung ergehen, nachdem der Gläubiger in einem Mitgliedstaat eine gerichtliche Entscheidung, einen gerichtlichen Vergleich oder eine öffentliche Urkunde erwirkt hat, mit der bzw. dem der Schuldner aufgefordert wird, die Forderung des Gläubigers zu erfüllen. Hier hat der Gläubiger in aller Regel einen zumindest vorläufig vollstreckbaren Titel, weil es sich um eine deutsche Entscheidung oder einen in der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Vergleich handelt. Die Anspruchsprüfung entfällt hier und die Wirkung des Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung beschränkt sich auf die mit der Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO vergleichbare vollstreckungsrechtliche Komponente.[8]

Das Verfahren zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontopfändung ist deshalb kostenrechtlich weitgehend dem Arrestverfahren und der Arrestvollziehung durch Forderungspfändung angeglichen worden.[9]

[7] Vgl. BT-Drucks 18/...

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