Die Entscheidung ist zutreffend und setzt konsequent die gesetzlichen Vorschriften um. Die Entscheidung gilt gleichermaßen für Verbundverfahren und Familienstreitsachen (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 121 Abs. 3 u. 4 ZPO) als auch für Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 78 Abs. 3 u. 4 FamFG). Da die Ausführungen des OLG schwierig nachzuvollziehen sind, sollen die konkreten Auswirkungen anhand einer Berechnung dargestellt werden.

Leider gibt der Sachverhalt nicht her, wo der Antragsteller seinen Wohnsitz hatte. Insoweit unterstellen wir einmal, Anwalt und Antragsteller hätten ihren Sitz bzw. Wohnsitz in Hannover. Des Weiteren unterstellen wir ein Sorgerechtsverfahren mit einen Regelwert i.H.v. 3.000,00 EUR (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG).

Damit belaufen sich die Reisekosten des Hannoveraner Anwalts bei Annahme eines Termins und einer Fahrt mit dem Pkw auf

 
Praxis-Beispiel
 
2 x 390 km x 0,30 EUR, Nr. 7003 VV 234,00 EUR
Abwesenheitspauschale, Nr. 7005 Nr. 3 VV 70,00 EUR
Gesamt 304,00 EUR

Bei dem angenommenen Verfahrenswert von 3.000,00 EUR würden sich die Kosten eines Verkehrsanwalts wie folgt berechnen:

 
Praxis-Beispiel
 
1,0 Gebühr, Nr. 3400 VV 201,00 EUR
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Gesamt 221,00 EUR

Die höchstmögliche Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks Senftenberg beträgt 60 km (Vetschau), so dass sich die Reisekosten eines dort beauftragten Anwalts wie folgt belaufen hätten:

 
Praxis-Beispiel
 
2 x 60 km x 0,30 EUR, Nr. 7003 VV 36,00 EUR
Abwesenheitspauschale, Nr. 7003 Nr. 1 VV 25,00 EUR
Gesamt 61,00 EUR

Jetzt ist folgende Überlegung anzustellen: Hätte der in Hannover ansässige Antragsteller einen Verkehrsanwalt in Hannover beauftragt und einen Verfahrensbevollmächtigten in Vetschau, dann hätte die Landeskasse die Kosten beider Anwälte übernehmen müssen. Den Verkehrsanwalt hätte sie übernehmen müssen, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 4 FamFG vorgelegen hätten; die Kosten des Verfahrensbevollmächtigten aus Vetschau hätte die Landeskasse in voller Höhe übernehmen müssen, da die Reisekosten eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts stets in voller Höhe zu übernehmen sind.[1]

Dadurch, dass der Antragsteller den Anwalt in Hannover als Verfahrensbevollmächtigten beauftragt hat, sind einerseits die Verkehrsanwaltskosten (221,00 EUR) erspart worden und andererseits die möglichen Reisekosten eines Anwalts aus Vetschau (61,00 EUR), so dass die tatsächlich angefallenen Reisekosten folglich von der Landeskasse nicht nur bis zur Höhe der Kosten des ersparten Verkehrsanwalts (221,00 EUR) zu übernehmen sind, sondern bis zur Höhe der Kosten eines Verkehrsanwalts zuzüglich der höchstmöglichen Reisekosten eines im Gerichtsbezirks niedergelassenen Anwalts, also insgesamt (221,00 EUR + 61,00 EUR =) 282,00 EUR.

Norbert Schneider

AGS 5/2017, S. 234 - 236

[1] Zuletzt AGS 2016, 437 = NdsRpfl 2016, 309 = RVGreport 2016, 300 = NJW-Spezial 2016, 572.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge