I. Die Beschwerde ist gem. § 66 Abs. 2 S. 2 GKG zulässig, weil das LG sie in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich zugelassen hat. Der Umstand, dass das LG die Beschwerde zugelassen hat, ohne die Voraussetzungen der Zulassung zu prüfen, die offensichtlich gar nicht vorgelegen haben, ändert hieran nichts.

Das LG hat die Beschwerde zugelassen, "weil die Kammer von der Entscheidung des OLG Koblenz JurBüro 2014, 379 ff. abweicht." Nach der ausdrücklichen Regelung in § 66 Abs. 2 S. 2 GKG ist der Umstand, dass von der Ansicht eines anderen höheren Gerichts abgewichen werden soll, kein Grund, die Beschwerde zuzulassen. Vielmehr ist die Zulassung nur dann möglich, wenn sie "wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage" geboten erscheint. Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BGH NJW 2003, 1943, 1944; BGHR ZPO (1.1.2002) § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 "Bedeutung, grundsätzliche" 1). Eine Klärungsbedürftigkeit in diesem Sinn liegt nur dann vor, wenn die zu entscheidende Rechtsfrage (in Rspr. und Lit.) tatsächlich umstritten ist (vgl. BGH, a.a.O.).

Im Streitfall fehlt es ersichtlich bereits an der Klärungsbedürftigkeit. Denn offene Rechtsfragen für Sachverhalte, die nach dem nach Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – 2. KostRMoG) am 1.8.2013 entstanden sind, gibt es im Hinblick auf die hier streitbefangene Aktenversendungspauschale gem. Nr. 9003 GKG-KostVerz. ersichtlich nicht mehr. Nach gefestigter und einhelliger obergerichtlicher Rspr. fällt die Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG-KostVerz. nicht an, wenn die Akten zur Gewährung von Akteneinsicht mit einem regelmäßig verkehrenden Dienstwagen der Justiz an das Gerichtsfach des Rechtsanwalts bei einem auswärtigen Gericht übersandt werden (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 23.11.2015 – 2 Ausl AR 16/15 [= AGS 2016, 84]; OLG Köln, Beschl. v. 23.1.2015 – 14 WF 163/14, NJW-RR 2015, 1342; OLG Köln 2. Strafsenat, Beschl. v. 16.10.2014 – 2 Ws 601/14, StraFO 2015, 40 [= AGS 2014, 513]; OLG Koblenz, Beschl. v. 20.3.2014 – 2 Ws 134/14, JurBüro 2014, 379; vgl. auch Burhoff, StRR 2015, 479). Hingegen fällt die Gebühr dann an, wenn die Aktenversendung mit einem privaten externen Dienstleister oder einem externen Postdienstleister erfolgt (vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 14.10.2015 – 1 Ws 164/15; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.8.2015 – 4 Ws 117/15, AGS 2015, 572; OLG Bamberg, Beschl. v. 5.3.2015 – 1 Ws 87/15, AGS 2015, 278; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 14.10.2015 – 1 Ws 164/15, JurBüro 2016, 31; OLG Köln 2. Strafsenat, Beschl. v. 7.7.2015 – 2 Ws 394/15 [= AGS 2016, 120]). Entscheidungen, in denen eine andere Auffassung vertreten würde, sind nicht bekannt, jedenfalls nicht veröffentlicht. Da die im Zusammenhang mit der Neuregelung der Nr. 9003 GKG-KostVerz. anfallenden Rechtsfragen damit offensichtlich geklärt sind, hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung. Ein Grund für die Zulassung bestand mithin nicht.

II. Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Im Streitfall kann die Landeskasse die Versendungspauschale nach Nr. 9003 GKG-KostVerz. nicht geltend machen. Sie hat nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen der Nr. 9003 GKG-KostVerz. vorliegen, also "bare Auslagen" für Transport- und Verpackungskosten angefallen sind.

Nach der vor dem 2. KostRMoG v. 23.7.2013 geltenden Nr. 9003 GKG-KostVerz. a.F. wurde die Pauschale "für die Versendung von Akten auf Antrag" erhoben. Entsprechend dieser weiten Fassung war, wie der Bezirksrevisor in seiner Stellungnahme mit Recht dargelegt hat, streitig, ob mit der Pauschale lediglich bare Sachaufwendungen der Justiz für Transport und Verpackung abgegolten werden sollten oder ob auch der im Rahmen der Aktenversendung entstehende Serviceaufwand der Justizbehörden abgedeckt werden sollte. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens hat die Bundesregierung zu ihrem Gesetzesentwurf, nach dem statt der bisherigen Pauschale von 12,00 EUR eine solche von 15,00 EUR erhoben werden sollte, auf die Kostensteigerung abgestellt und darauf hingewiesen, dass die Pauschale neben den reinen Versandkosten auch die Personal- und Sachkosten der Gerichte mit abgelte (BT-Drucks 17/11471, S. 314). Wörtlich heißt es dort: "Mit der Änderung wird die Aktenversendungspauschale im Hinblick auf die tatsächlich mit der Versendung der Akten verbundenen und erheblich gestiegenen Kosten angehoben. Mit dieser Pauschale werden neben den reinen Versandkosten auch die Personal- und Sachkosten der Gerichte für die Prüfung des Einsichtsrechts, das Heraussuchen der Akte, die Versendung und die Rücklaufkontrolle sowie der Kosteneinzug mit abgegolten. Diese Kosten sind seit der letzten Erhöhung des Paus...

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