Dem Antragsteller stehen aufgrund des erteilten Berechtigungsscheins für Beratungshilfe gem. § 44 RVG gesonderte Vergütungsansprüche zu, wie sie mit den Anträgen vom 17.12.2009 geltend gemacht worden sind.

Dass dem Antragsteller diese Ansprüche aufgrund der geänderten Rspr. des OLG Köln grundsätzlich zuzubilligen sind, weil die mit dem Berechtigungsschein vom 3.1.2006 gewährte Beratungshilfe sich auf mehrere familienrechtliche Angelegenheiten bezog (vgl. Rspr. OLG Düsseldorf AGS 2009, 79; OLG Köln – 16. Zs. – AGS 2009, 422 ff.; OLG Köln – 17. Zs. – Rpfleger 2010, 378 ff. und 522 ff.), steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit und wird auch von den vorinstanzlichen Entscheidungen nicht in Frage gestellt.

Der Senat teilt nicht die Auffassung des AG und des LG, der Antragsteller sei an der Durchsetzung seiner Ansprüche gehindert.

Zwar handelt es sich bei den Anträgen vom 17.12.2009 um eine Nachliquidation und nicht um die – sieht man von der Verjährung ab – keiner Frist unterliegende erstmalige Anmeldung von Gebührenansprüchen (§ 55 RVG), denn die im Januar 2006 erfolgte antragsgemäße Bescheidung, der keine nach einer einzelnen Angelegenheit spezifizierte Antragstellung zugrunde lag, erfolgte auf der Grundlage der damaligen Rspr. und Rechtspraxis, welche die im gerichtlichen Verfahren zum Verbund gehörenden einzelnen Angelegenheiten auch im Rahmen der Beratungshilfe gem. der Fiktion des § 16 Nr. 4 RVG als einheitliche Angelegenheit ansah.

Soweit der Antragsteller seine Ansprüche mit Anträgen vom 17.12.2009 im Wege der Nachliquidation geltend macht, begegnet dies keinen Bedenken.

Abgesehen davon, dass der damaligen Entscheidung des Rechtspflegers als Urkundsbeamter der Geschäftstelle auf Auszahlung der beantragten Vergütung keine Rechtskraft zukommt (vgl. LSG Niedersachsen AGS 2000, 231; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 5. Aufl., Rn 770), beinhaltet sie auch nicht eine (negative) Entscheidung über die jetzigen Ansprüche, die eine Nachliquidation hindern könnte. Die jetzigen Ansprüche sind nicht geltend gemacht worden und konnten aus den oben genannten Gründen seinerzeit auch nicht erfolgreich geltend gemacht werden.

Der BGH hat mit Beschl. v. 28.10.2010 (VII ZB 15/10) die Nachfestsetzung einer restlichen Verfahrensgebühr, deren Berechtigung sich aus der Neufassung des § 15a RVG ergab, (trotz rechtskräftigem Kostenfestsetzungsbeschluss) für zulässig und begründet gehalten und dazu ausgeführt: "Der Kläger hat insbesondere durch seinen Antrag nicht zum Ausdruck gebracht, dass er eine abschließende, eine Nachforderung ausschließende Entscheidung über die Berücksichtigung der Verfahrensgebühr nur in gekürztem Umfang haben wollte. Allein der Umstand, dass er auf der Grundlage der damals gefestigten Rspr. davon ausging, ihm stünde nur eine gekürzte Gebühr zu, rechtfertigt diese Annahme nicht."

Diese Ausführungen lassen sich uneingeschränkt auf den vorliegenden Fall übertragen.

Soweit das Amts- wie auch das LG die Ansprüche des Antragstellers für verwirkt halten in Analogie zu § 20 GKG, vermag der Senat dieser, auch von der in der angefochtenen Entscheidung zitierten Rspr. u. Lit. geteilten Meinung für den vorliegenden Fall nicht zu folgen (Siehe auch OLG Zweibrücken NJW-RR 2006, 1439; KG FamRZ 2004, 1806 Riedel/Sußbauer/Schmahl, RVG, 9. Aufl. § 55 Rn 23 Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs a.a.O. Rn 771).

§ 20 GKG bezweckt als Ausnahmeregelung den Schutz des Kostenschuldners vor Nachforderungen der Gerichtskasse. Der darin zum Ausdruck kommende, dem Vertrauensschutz der kostenpflichtigen Verfahrenspartei dienende Zweck lässt sich nicht ohne weiteres übertragen auf eine bei der Festsetzung der Anwaltsvergütung für die Beratungshilfe umgekehrte Rollenverteilung, bei der die Landeskasse einen Vertrauensschutz beanspruchen soll. Deren Schutzwürdigkeit lässt sich schwerlich mit der einer nichtbehördlichen Verfahrenspartei gleichsetzen. Das Vertrauen des Bürgers, auch als Rechtsanwalt, in die Bestandskraft eines Hoheitsakts ist qualitativ etwas anderes als das "Vertrauen" der Staatskasse darauf, nicht mehr weiteren Ansprüchen innerhalb der Verjährungsfrist ausgesetzt zu sein (Riedel/Sußbauer/Schmahl a.a.O. Rn 23). Mit solchen muss der Staat immer rechnen und sie von vornherein haushaltsrechtlich berücksichtigen.

Zu Recht weist der Antragsteller zudem darauf hin, dass eine auf die analoge Anwendung des § 20 GKG gestützte Befristung im Zusammenhang mit der Festsetzung bzw. Nachfestsetzung der Gebühr nach § 55 Abs. 1 RVG auch der eindeutigen Wertung des Gesetzgebers widersprechen würde, der in Bezug auf die Antragstellung und Erinnerung gegen die Festsetzung der Vergütung des Beratungshilfeanwalts keine Frist vorgesehen hat (§ 56 Abs. 2 RVG i.V.m. § 33 Abs. 4 S. 1 RVG).

Allgemeine Verwirkungsgesichtspunkte, wie langer Zeitablauf und besondere Umstandsmomente, welche die Annahme einer vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist eintretenden Verwirkung rechtfertigen könnten, lassen sich aus der Sicht de...

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