Die vom OLG zutreffend vorgenommene Wertfestsetzung bereitet vielen Gerichten Schwierigkeiten, weil die Differenzierung, ob derselbe Gegenstand oder verschiedene Gegenstände vorliegen, nicht immer einfach zu treffen ist. Das Gericht muss – insoweit verschiedene Beteiligte im gerichtlichen Verfahren Ansprüche geltend machen – daher stets prüfen, ob in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug mehrere Verfahrensgegenstände vorliegen oder nur ein einzelner Verfahrensgegenstand zu bewerten ist. Liegen mehrere Verfahrensgegenstände vor, so ist nach § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG von Amts wegen zu addieren.

Aus Anwaltssicht stellt sich die Vorgehensweise bei der Abrechnung der Vergütung bei mehreren Auftraggebern dann wie folgt dar: Wird der Anwalt für mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit tätig, kann er seine Gebühren und Auslagen grundsätzlich nur einmal verlangen. Die Gebühren und Auslagen decken gemäß § 15 Abs. 1 RVG seine gesamte Tätigkeit für mehrere Auftraggeber ab.

Ist der Anwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig geworden und ist nach Wertgebühren abzurechnen, wird ein hierdurch entstehender Mehraufwand aber vergütet.

  Entweder wird die Verfahrensgebühr (gegebenenfalls auch die Geschäftsgebühr) infolge des Mehraufwands nach Nr. 1008 VV erhöht
  oder die Werte der jeweils die einzelnen Auftraggeber betreffenden Gegenstände werden gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG addiert.

Um erfassen zu können, ob eine zutreffende gerichtliche Wertfestsetzung vorliegt, muss der Anwalt in diesen Fallkonstellationen deshalb stets prüfen, ob er für die jeweiligen Auftraggeber wegen verschiedener Gegenstände oder wegen desselben Gegenstands tätig geworden ist:

  Ist der Anwalt für die einzelnen Auftraggeber wegen verschiedener Gegenstände tätig geworden, werden die Werte der einzelnen Gegenstände nach § 33 Abs. 1 FamGKG addiert; eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV scheidet dann aus.
  Ist der Anwalt wegen desselben Gegenstands tätig geworden, dann bleibt es wegen wirtschaftlicher Identität beim einfachen Wert. Es werden aber Geschäfts- und Verfahrensgebühr um 0,3 je weiterer Auftraggeber, höchstens um 2,0 erhöht.
 

Beispiel

Der Anwalt wird von Eheleuten als Gesamtschuldner mit der Abwehr einer Forderung der Großmutter i.H.v. 10.000,00 EUR im gerichtlichen Verfahren beauftragt.

Es liegt derselbe Gegenstand zugrunde. Der Anwalt erhält eine um 0,3 erhöhte Geschäftsgebühr aus 10.000,00 EUR.

 
1. 1,6-Geschäftsgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV (Wert: 10.000,00 EUR)   892,80 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 912,80 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   173,43 EUR
Gesamt   1.086,23 EUR
 

Beispiel

Der Anwalt wird von zwei Unterhaltsberechtigten beauftragt, Unterhaltsansprüche in Höhe von jeweils monatlich 430,00 Euro und 400,00 EUR geltend zu machen.

Es liegen verschiedene Gegenstände zugrunde. Die Wertfestsetzung richtet sich nach §§ 51 Abs. 1 S. 1, 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Der Verfahrenswert entspricht demnach (12 x [400,00 EUR + 400,00 EUR =] 9.960,00 EUR. Der Anwalt erhält eine einfache Verfahrensgebühr aus dem addierten Wert beider Forderungen, also aus 9.960,00 EUR.

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 9.960,00 EUR)   725,40 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 745,40 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   141,63 EUR
Gesamt   887,03 EUR

Lotte Thiel

AGS 4/2016, S. 189 - 190

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