Leitsatz

  1. Bei der Bemessung des Gegenstandswerts für das Versorgungsausgleichsverfahren sind nur Anrechte zu berücksichtigen, über deren Behandlung entschieden worden ist und die damit Gegenstand des Verfahrens waren.
  2. Dies ist auch der Fall, wenn hinsichtlich der behandelten Anrechte kein Ausgleich angeordnet wurde oder das Gericht nur festgestellt hat, dass kein Ausgleich stattfindet.
  3. Hingegen reicht es für die Berücksichtigung beim Gegenstandswert nicht aus, dass bei Versorgungsträgern Anfragen erfolgt sind und diese das Ergebnis hatten, dass in der Ehezeit keine relevanten Anrechte erworben wurden.

OLG Bamberg, Beschl. v. 16.11.2015 – 2 WF 243/15

1 Sachverhalt

Das FamG hat den Gegenstandswert des Verfahrens erster Instanz auf 17.626,55 EUR festgesetzt.

Die Einzelwerte sind für die Ehesache mit 9.293,64 EUR, für den Versorgungsausgleich mit 6.476,18 EUR und für die elterliche Sorge mit 1.858,73 EUR bemessen worden.

Das Einkommen der Eheleute nach Abzug von zwei Kinderfreibeträgen hat das FamG mit 3.097,88 EUR errechnet, woraus sich für drei Monate ein Gesamteinkommen von 9.293,64 EUR ergibt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidung verwiesen.

Gegen den Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, mit der er erreichen will, dass der Gegenstandswert für den Versorgungsausgleich auf 2.788,08 EUR und folglich insgesamt der des Verfahrens erster Instanz auf 13.940,45 EUR festgelegt wird.

Die Begründung geht davon aus, dass das Nettoeinkommen der Eheleute in drei Monaten 9.293,64 EUR beträgt und in den Versorgungsausgleich nur drei Anrechte (30 %) einzubeziehen sind, woraus sich für den Versorgungsausgleich ein Gegenstandswert von 2.788,08 EUR errechnen würde.

Das FamG hat die Abänderung (Abhilfe) der angefochtenen Entscheidung abgelehnt und zur Begründung darauf verwiesen, dass im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens insgesamt Auskünfte bei sechs verschiedenen Versorgungsträgern hätten eingeholt werden müssen. Damit seien 60 % des dreimonatigen Nettoeinkommens der Eheleute für die Wertfestsetzung maßgeblich.

Die Beschwerde hatte überwiegend Erfolg.

2 Aus den Gründen

Das maßgebliche Nettoeinkommen der Eheleute hat das FamG für den Zeitraum von drei Monaten mit 9.293,64 EUR für die Ehesache berechnet. Es hat dabei für die beiden Kinder Freibeträge von 500,00 EUR abgezogen, diese jedoch, ohne dies in der Begründung auszuweisen, im Ergebnis allerdings richtig und mit der Rspr. des Senats im Einklang stehend, bei der Bemessung des Gegenstandswertes des Versorgungsausgleichs unberücksichtigt gelassen (vgl. OLG Bamberg FamRZ 2011, 1424).

Ausgangspunkt für die Festlegung des Gegenstandswerts für den Versorgungsausgleich ist deshalb das Einkommen der Eheleute in drei Monaten in Höhe von 3.597,88 EUR x 3 (= 10.793,64 EUR).

Nachdem im Rahmen der Entscheidung des FamG nur über drei Anrechte zu entscheiden war, errechnet sich der Gegenstandswert des Versorgungsausgleichs mit 30 % aus 10.793,64 EUR = 3.238,09 EUR. Insgesamt ergibt dies den eingangs ausgewiesenen Gesamtgegenstandswert.

Entgegen der Auffassung des FamG sind keine drei weiteren Anrechte bei der Bemessung des Gegenstandswerts einzubeziehen, obwohl entsprechende Anfragen bei den Versorgungsträgern erfolgt sind. Nach Auffassung des Senats sind nur die Anrechte für die Bemessung des Gegenstandswertes maßgeblich, die in den Versorgungsausgleich einbezogen worden sind. Dabei ist es zwar unerheblich, ob hinsichtlich der in der Entscheidung behandelten Anrechte tatsächlich ein Ausgleich angeordnet worden ist (ebenso Türck-Brocker, FUR 2010, 308). Damit sind bei der Festsetzung des Gegenstandswerts auch Anrechte zu berücksichtigen, die in der Entscheidung behandelt wurden und hinsichtlich derer festgestellt wurde, dass kein Ausgleich stattfindet (Thiel/Schneider, FamRZ 2010, 409).

In all diesen Fällen hat sich das FamG in seiner Entscheidung mit den Anrechten befasst. Sie sind in diesen Fällen Gegenstand des Verfahrens, so dass es gerechtfertigt ist, sie auch bei der Bemessung des Gegenstandswertes heranzuziehen.

Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn aufgrund der Auskünfte der Ehegatten nur Anfragen bei den Versorgungsträgern erfolgt sind und diese ergeben haben, dass keine zu berücksichtigenden Anrechte bestanden. In diesem Falle sind sie nicht Gegenstand des Verfahrens. Bei der Bemessung des Gegenstandswerts haben sie deshalb außen vor zu bleiben (im Ergebnis ebenso OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.9.2013 – 5 WF 66/13, BeckRS 2013, 16323 [= AGS 2013, 472]).

3 Anmerkung

Ob ein Ausgleich stattfindet oder nicht, ist für die Bewertung eines Anrechts nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG nicht entscheidend. Es kommt allein darauf an, ob ein Anrecht besteht. In dem Umfang, in dem die Anrechte bekannt sind, hat die Bewertung der jeweiligen Anrechte deshalb unabhängig von dem materiellen Geschehensverlauf zu erfolgen.[1]

Eine Anwartschaft i.S.d. VersAusglG – und damit auch ein Anrecht i.S.d. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG – liegt nach § 2 Abs. 3 VersAusglG deshalb auch dann vor, wenn am Ende der Ehezeit eine für das Anrecht

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