Leitsatz

Die Zurückverweisung des Rechtsstreits eröffnet keinen neuen Rechtszug i.S.d. § 119 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfasst auch die nach Zurückverweisung neu anfallenden Rechtsanwaltsgebühren.

OLG Schleswig, Beschl. v. 30.10.2014 – 5 U 169/11

1 Sachverhalt

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Freigabe eines hinterlegten Betrags von 41.000,00 EUR geltend. Das LG hat der Klage stattgegeben. Der Senat hat der Klägerin für den Berufungsrechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt. Anschließend hat er die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den Senat zurückverwiesen. Der Senat hat an mehreren Sitzungstagen mündlich verhandelt und Beweis erhoben. In der letzten mündlichen Verhandlung hat die Klägerin beantragt, ihr für diese Instanz nach Zurückverweisung erneut Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Das Gericht hat den Antrag als unzulässig verworfen.

2 Aus den Gründen

Der gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unzulässig. Der Klägerin fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für einen erneuten Prozesskostenhilfeantrag, nachdem der Senat bereits der Klägerin für den Berufungsrechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt hat.

Zwar erfolgt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 119 Abs. 1 S. 1 ZPO für jeden Rechtszug besonders. Durch die Zurückverweisung der Sache durch das Urteil des BGH ist jedoch nach dem Sinne des § 119 S. 1 ZPO kein neuer Rechtszug eröffnet worden. Zweck des § 119 ZPO ist, dass das Gericht die Bewilligungsvoraussetzungen des § 114 ZPO für seinen Rechtszug nur einmal prüfen soll.

Die Abänderung der die Prozesskostenhilfe bewilligenden Entscheidung ist, abgesehen von der Änderungsmöglichkeit nach § 120a ZPO beschränkt auf das Vorliegen einer der in § 124 ZPO abschließend normierten Gründe. Deshalb ist auch dann, wenn sich infolge der Zurückverweisung der Sache durch das Rechtsmittelgericht eine Änderung der rechtlichen Anknüpfungspunkte und der Beurteilungsmaßstäbe für dieselbe Rechtsverfolgung oder Verteidigung ergeben hat, eine erneute Überprüfung der prozesskostenhilferechtlichen Bewilligungsvoraussetzungen nicht veranlasst (OVG Münster JurBüro 1994, 176; OLG Düsseldorf Rpfleger 1987, 263; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 119 Rn 5; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 119 Rn 3; Prütting/Gehrlein/Völker/Zempel, ZPO, 5. Aufl., § 119 Rn 3; Baumbach/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 119 Rn 53; MüKoZPO/Motzer, 4. Aufl., § 119 Rn 2, 32; Wieczorek/Schütze/Steiner, ZPO, 3. Aufl., § 119 Rn 11).

Dieses wird bestätigt durch § 37 GKG, aus dem sich ergibt, dass eine Sache, die zur anderweitigen Verhandlung an das Gericht des unteren Rechtszugs zurückverwiesen wird, mit dem früheren Verfahren vor diesem Gericht i.S.d. § 35 ZPO einen Rechtszug bildet, mit der Folge des § 35 ZPO, dass die Gerichtsgebühren hinsichtlich eines jeden Teils des Streitgegenstands nur einmal erhoben werden. Die Regelung des § 21 Abs. 1 RVG, nach dem das weitere Verfahren vor einem Gericht, an das eine Sache zurückverwiesen wird, ein neuer Rechtszug ist mit der Folge des § 15 Abs. 2 S. 2 RVG, dass nach der Zurückverweisung neue Gebühren entstehen, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Denn der Begriff des Rechtszugs in dieser Vorschrift ist allein gebührenrechtlich zu verstehen und hat keine Auswirkungen auf den Umfang einer Prozesskostenhilfebewilligung vor Zurückverweisung. Diese Bewilligung erfasst auch nach Zurückverweisung neu anfallende Rechtsanwaltsgebühren.

AGS 3/2015, S. 139

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge