RVG § 18 Abs. 1 S. 1 RVG VV Nr. 3309 ZPO § 845

Leitsatz

Bringt der Anwalt für den Gläubiger mehrere vorläufige Zahlungsverbote gegen mehrere Drittschuldner aus, handelt es sich um jeweils gesonderte Angelegenheiten der Zwangsvollstreckung, die jeweils eine gesonderte 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV auslösen.

LG Bonn, Beschl. 9.9.2011 – 4 T 336/11

1 Sachverhalt

Die Gläubigerin hatte ein vorläufig vollstreckbares Urteil erwirkt und nach Sicherheitsleistung bei drei verschiedenen Drittschuldnerinnen jeweils ein vorläufiges Zahlungsverbot nach § 845 ZPO ausgebracht. Nach Zahlung der titulierten Forderung machte die Gläubigerin ihre Vollstreckungskosten geltend, und zwar für jedes Zahlungsverbot jeweils eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV nebst Auslagen. Die Schuldnerin bezahlte die Kosten nur einmal, so dass die Gläubigerin wegen der restlichen Kosten Festsetzung nach § 788 ZPO beantragte. Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde hatte Erfolg.

2 Aus den Gründen

Bei den von der Gläubigerin geltend gemachten Kosten für ihre anwaltliche Vertretung handelt es sich um notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung. Nach anwaltlichem Gebührenrecht ist jede Vollstreckungsmaßnahme einschließlich der dadurch vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung der Gläubigerin eine besondere Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG). Vollstreckungen gegen mehrere Drittschuldner sind jeweils eigenständige Vollstreckungsmaßnahmen, da jede für sich – je nach Bestand und Liquidität der gepfändeten Forderungen – unabhängig voneinander zur Befriedigung der Gläubigerin führen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 24.9.2004 – IXa ZB 115/04 [= AGS 2004, 437]). Jede Vorpfändung stellt daher eine besondere Angelegenheit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG dar, so dass die Gebühr nach Nr. 3309 VV nebst Auslagenpauschale für jede Vorpfändung gesondert entstanden und von der Schuldnerin zu erstatten ist. Die noch nicht gezahlten Kosten für die zweite und dritte Vorpfändung sind daher gegen die Schuldnerin festzusetzen.

3 Anmerkung

Ich halte die Entscheidung für bedenklich. Immerhin ist der BGH in seiner Entscheidung v. 10.3.2011[1] davon ausgegangen, dass mehrere Pfändungen gegen verschiedene Drittschuldner wegen derselben Forderung eine einzige Angelegenheit darstellen. Dann ist es aber auch nur konsequent, dass die zugehörigen vorläufigen Zahlungsverbote ebenfalls als eine Angelegenheit gelten, da sie der Vorbereitung einer und derselben Vollstreckungsangelegenheit dienen.

Norbert Schneider

[1] AGS 2011, 277 = MDR 2011, 696 = NJW-RR 2011, 933 = Rpfleger 2011, 462 = JurBüro 2011, 434 = DGVZ 2011, 189 = RVGprof. 2011, 95 = NJW-Spezial 2011, 379 = FamRZ 2011, 970 = RVGreport 2011, 298 = FoVo 2011, 197.

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