Die nach § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde der Beklagten ist hinsichtlich der an Herrn L für das Beschwerdeverfahren gezahlten Rechtsanwaltsgebühren unzulässig und im Übrigen unbegründet. Das LAG hat zu Recht die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des ArbG zurückgewiesen. Die Klägerin kann von der Beklagten Erstattung ihrer Rechtsanwaltskosten für das Berufungsverfahren verlangen.

I. Soweit die Beklagte die Rückerstattung der unter Vorbehalt gezahlten Rechtsanwaltsgebühren für das Beschwerdeverfahren begehrt, ist die Rechtsbeschwerde unzulässig. Deshalb kommt auch keine einseitige Teilerledigungserklärung des hierauf bezogenen Rechtsbeschwerdeantrags in Betracht (vgl. BAG v. 5.9.1995 – 9 AZR 718/93 – zu A I 2 der Gründe, BAGE 80, 380; zur Erledigterklärung eines Rechtsmittels vgl. BGH v. 30.9.2009 – VIII ZR 29/09, Rn 10).

1. Der Beurteilung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegt grundsätzlich nur dasjenige Parteivorbringen, welches auch Gegenstand der Entscheidung des Beschwerdegerichts war.

a) Gem. § 577 Abs. 2 S. 4 i.V.m. § 559 ZPO ist das Rechtsbeschwerdegericht bei der Überprüfung des Beschlusses des Beschwerdegerichts an dessen tatsächliche Feststellungen gebunden (Musielak/Voit/Ball, ZPO, 12. Aufl., § 577 Rn 3). In der Rechtsbeschwerdeinstanz können grundsätzlich weder neue Ansprüche oder Antragserweiterung angebracht (vgl. BAG v. 16.4.2015 – 6 AZR 352/14, Rn 20; BGH v. 23.6.1988 – IX ZR 172/87 – zu I der Gründe, BGHZ 105, 34) noch neue Tatsachen und Beweise vorgebracht werden (vgl. BGH v. 18.9.2003 – IX ZB 40/03 – zu III 1 der Gründe, BGHZ 156, 165).

b) Die vom Vertreter der Klägerin gegenüber der Beklagten mit einem außergerichtlichen Schreiben vom 4.3.2015 und einer berichtigten Fassung vom 19.8.2015 geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren für das Verfahren der sofortigen Beschwerde, welche von der Beklagten in der Folgezeit gezahlt und ihr teilweise rückerstattet wurden, betreffen neue Tatsachen und einen neuen Antrag, der nicht Gegenstand des angegriffenen Beschlusses des LAG ist. Sie sind deshalb nicht berücksichtigungsfähig.

2. Der Nichtberücksichtigung der im Verfahren der sofortigen Beschwerde angefallenen Rechtsanwaltsgebühren der Klägerin im Rechtsbeschwerdeverfahren steht nicht entgegen, dass es auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zulässig ist, nach Maßgabe von § 717 Abs. 2 u. Abs. 3 ZPO neue Ansprüche geltend zu machen (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 36. Aufl., § 559 Rn 6; BAG v. 5.4.1962 – 5 AZR 486/60 – zu 2 der Gründe).

a) Die Regelungen in § 717 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO gelten zwar nicht allein für aufgehobene oder abgeänderte Urteile, sondern in entsprechender Anwendung auch für Kostenfestsetzungsbeschlüsse nach § 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (vgl. MüKoZPO/Götz 4. Aufl., § 717 Rn 11; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 717 Rn 6). Erforderlich ist aber, dass die mit dem Antrag zurückgeforderte Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vollstreckungsfähigen Titel erfolgt ist (vgl. BAG v. 4.4.1989 – 8 AZR 427/87 – zu II 3 b) der Gründe, BAGE 61, 243).

b) Diese Anforderung ist hier indes nicht erfüllt. Die Zahlung der Beklagten erfolgte weder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung noch aufgrund eines vollstreckbaren Titels. Die Klägerin hat hinsichtlich des Verfahrens der sofortigen Beschwerde keine Kostenfestsetzung beantragt, so dass kein vollstreckbarer Titel in Form eines Kostenfestsetzungsbeschlusses vorlag. Die Beklagte hat die Rechtsanwaltsgebühren vielmehr allein aufgrund einer Rechnung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin gezahlt. Dies ist kein Fall des § 717 Abs. 2 ZPO, der Gegenstand eines in der Rechtsbeschwerde neu erhobenen Anspruchs sein könnte.

II. Der Beklagten steht kein Schadensersatzanspruch analog § 717 Abs. 2 ZPO auf Rückerstattung der aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses des ArbG an die Klägerin erfolgten Zahlung zu. Die vom ArbG mit Beschl. v. 4.4.2014 vorgenommene Kostenausgleichung ist zu Recht erfolgt, wie das LAG im Ergebnis zutreffend erkannt hat. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten im Berufungsverfahren. Dies folgt allerdings nicht – wie von der Klägerin angenommen – bereits aus dem Vergleich der Parteien. Dieser regelt die Kostentragungspflicht nur dem Grunde nach und trifft keine Aussage über die Erstattungsfähigkeit einzelner Kosten. Der Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich aber aus der gesetzlichen Regelung in § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 ZPO.

1. Der obsiegenden Partei sind nach § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 ZPO in allen Prozessen die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts zu erstatten. Die Norm bildet insofern eine Ausnahme zu § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, als sie für ihren Anwendungsbereich von der grundsätzlich gebotenen Prüfung der Notwendigkeit entstandener Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung entbindet (BGH v. 20.5.2014 – VI ZB 9/13 [= AGS 2014, 300]; v. 4.2.2003 – XI ZB 21/02 – zu II 2 a der Gründe).

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