1. Die gem. § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 59 FamGKG zulässige Beschwerde gegen die Wertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

2. Für die Wertberechnung des Scheidungsverbundverfahrens gelten gem. § 44 Abs. 1 FamGKG alle in den Verbund einbezogenen Familiensachen (§ 137 FamFG) als ein Verfahren. Der Verfahrenswert ist dabei gem. § 44 Abs. 2 FamGKG in der Weise zu ermitteln, dass zunächst die Einzelwerte aller in den Verbund einbezogenen Verfahren zu ermitteln und danach zu addieren sind.

a) Gem. § 43 Abs. 1 FamGKG bestimmt sich der Verfahrenswert für die Ehesache unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen des Gerichts. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Einzelfall soll die Festsetzung angemessener Gebühren nach sozialen Gesichtspunkten ermöglichen (BVerfG NJW 1989, 1985). Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten sowie der Umfang und die Bedeutung der Sache als Bewertungskriterien gleichrangig in die Gesamtabwägung einzubeziehen.

aa) Während für die übrigen Bemessungsfaktoren keine gesetzliche Berechnungsvorschrift existiert, gibt § 43 Abs. 2 FamGKG eine konkrete Berechnungsweise für den Einkommensbetrag vor, der in die Wertberechnung einzubeziehen ist, nämlich das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Ehegatten. Diesen Betrag hat das FamG auf der Grundlage der übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in nicht zu beanstandender Weise mit 13.200,00 EUR ermittelt [(Nettoeinkommen des Antragstellers: 3.000,00 EUR + Nettoeinkommen der Antragsgegnerin: 1.400,00 EUR) x 3]. Dagegen erinnert die Beschwerde nichts.

bb) Zu Recht rügt die Beschwerde indes, dass bei der Wertberechnung nicht auch die Vermögensverhältnisse der Beteiligten berücksichtigt worden sind. Dass es sich bei der Ehesache um ein Verfahren gehandelt hat, in dem keine widerstreitenden Anträge gestellt worden sind, rechtfertigt es nicht, von der Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse bei der Wertermittlung abzusehen.

Es würde sowohl dem Sinn und Zweck der Wertvorschrift des § 43 FamGKG als auch deren Wortlaut widersprechen, nur einzelne Aspekte der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten, wie das Einkommen, in die Wertermittlung einfließen zu lassen, während andere, wie das Vermögen, generell unberücksichtigt bleiben. Bei einer solchen Vorgehensweise würde dem sozialen Aspekt, der der Gebührenbemessung in Ehesachen zugrunde liegt (vgl. BVerfG a.a.O.), nicht hinreichend Rechnung getragen, da vermögende und nichtvermögende Ehepaare, deren Einkünfte in den letzten drei Monaten vor der Antragstellung gleich hoch waren, trotz unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungskraft kostenrechtlich gleich behandelt würden.

Im Ansatz zutreffend hat das FamG zwar bedacht, dass bei der Wertbemessung einer Ehesache neben den Einkommens- und Vermögensverhältnissen auch der Umfang und der Schwierigkeitsgrad des Verfahrens zu berücksichtigen sind. Dem ist jedoch nicht dadurch Rechnung zu tragen, dass einzelne nach dem Gesetz einzubeziehende Bewertungskriterien unberücksichtigt bleiben, sondern vielmehr in der Weise, dass von dem Wert, der sich unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse ergibt, ein prozentualer Anteil abgezogen oder dem Wert ein prozentualer Anteil zugeschlagen wird (Neumann in BeckOK-Kostenrecht, 4. Ed., § 43 FamGKG, Rn 73).

Im vorliegenden Fall indes ist ein Abschlag im Hinblick auf Umfang und Schwierigkeitsgrad des Verfahrens nicht gerechtfertigt. Als Maßstab dafür, ob der gerichtliche Verfahrensaufwand wertmindernd oder -erhöhend zu berücksichtigen ist, gilt der durchschnittliche Aufwand gleichartiger Verfahren (Schulte-Bunert/Weinreich/Keske, FamFG, 4. Aufl., § 43 FamGKG, Rn 16; Oestreich/Hellstab/Trenkle, GKG-FamGKG, Anh. zum FamGKG, Stichwort "Ehesachen", Rn 22; Neumann, a.a.O., Rn 70; Nickel, FuR 2013, 255). Die "einvernehmliche Scheidung" aber stellt in der Praxis den Regelfall dar. Der Umstand, dass die Ehegatten gleichgerichtete Scheidungsanträge stellen oder ein Ehegatte dem Scheidungsantrag des anderen zustimmt, kann deshalb nach der überwiegend in Rspr. und Lit. vertretenen Auffassung, der sich der Senat anschließt, nicht wertmindernd berücksichtigt werden (OLG Stuttgart FamRZ 2009, 1176; OLG Frankfurt FamRZ 2009, 74; OLG Hamm FamRZ 2006, 52; OLG Zweibrücken JurBüro 2004, 138; OLG Dresden FamRZ 2003, 1677; OLG Jena FamRZ 1999, 1678; OLG Brandenburg FamRZ 2008, 1206; 1997, 34; Mayer/Kroiß/Ebert, RVG, 6. Aufl., Anh. I, Rn 28; Schneider, Gebühren in Familiensachen, 2010, Rn 1050; Schneider/Herget/Thiel, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn 7253; 7262 ff.; Neumann, a.a.O., Rn 70; von König/Bischof, Kosten in Familiensachen, Rn 68; Nickel, FuR 2013, 255; Enders, FPR 2012, 273; JurBüro 2009, 281 (283); a.A.: OLG Oldenbur...

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