Die Schaffung des Gebührentatbestands der Nr. 1000 VV durch das 1. KostRMoG beruht auf der Intention des Gesetzgebers, jegliche vertragliche Beilegung eines Streits zu honorieren. Deshalb kann seitdem auch bei nicht disponiblen Verfahrensgegenständen im Falle eines wechselseitigen Nachgebens eine Einigungsgebühr entstehen. Die Entscheidung des OLG ist demgemäß zutreffend und folgt der von ihm so bezeichneten "vorherrschenden obergerichtlichen Rspr.".

Für die Festsetzbarkeit der Einigungsgebühr ist die Glaubhaftmachung der Umstände ausreichend, wonach die Beteiligten eine Vereinbarung i.S.v. Anm. Abs. 1 S. 1 zu Nr. 1000 VV geschlossen haben. Nicht einmal eine für die Vollstreckung geeignete Protokollierung der Vereinbarung ist Voraussetzung für das Entstehen der Einigungsgebühr bzw. für ihre Festsetzbarkeit.

Lediglich dann, wenn in einem Vertrag ein Anspruch in vollem Umfang anerkannt oder auf ihn verzichtet wird, soll die Einigungsgebühr nicht entstehen.

Die Voraussetzungen für den Anfall der Einigungsgebühr haben in dem durch das OLG zu beurteilenden Fall unzweifelhaft vorgelegen, sodass die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten erfolgreich gewesen ist und ihr die nach Nr. 1003 VV entstandene Einigungsgebühr auch aus der Landeskasse erstattet wurde.

Die vom OLG herangezogene Begründung stützt sich im Wesentlichen auf eigene und andere obergerichtliche Entscheidungen, die ein vermeintlich bestehendes Problem bereits diskutiert haben, auch mit dem stets richtigen Ergebnis. Einfacher und wünschenswert wäre aber die Heranziehung des Gesetzestexts, dessen Kenntnis die Frage, ob in einem Sorgerechtsverfahren eine Einigungsgebühr entsteht, wenn die Einigung der Beteiligten zu einer Sorgerechtsentscheidung gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB führt, gar nicht mehr aufkommen ließe. Denn der Gesetzestext offenbart, dass das vermeintliche Problem allein der Vergangenheit angehört, die auszublenden Gerichten und auch Anwälten infolge Arbeitsüberlastung nicht geordnet und konsequent möglich erscheint.

Nach Anm. Abs. 1 S. 1 zu Nr. 1000 VV entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Gem. Anm. Abs. 5 S. 2 zu Nr. 1000 VV ist Abs. 1 S. 1 auch für die Mitwirkung an einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, entsprechend anzuwenden. Nach Anm. Abs. 2 zu Nr. 1003 VV entsteht die Gebühr in Kindschaftssachen auch für die Mitwirkung am Abschluss eines gerichtlich gebilligten Vergleichs (§ 156 Abs. 2 FamFG) und an einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, wenn hierdurch eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich wird oder wenn die Entscheidung der getroffenen Vereinbarung folgt.

Der Gesetzestext legt damit nahe, sich allein mit ihm auseinanderzusetzen und nicht der Rspr. anzuschließen. Insofern aber Rspr. zitiert wird, so soll die vom OLG zitierte um drei weitere Entscheidungen ergänzt werden.[1]

Rechtsanwältin und FAFamR Lotte Thiel, Koblenz

[1] OLG Dresden OLGR 2008, 381 = FamRZ 2008, 1009 = MDR 2008, 749 = NJ 2008, 374 = RVGreport 2008, 342; AG Tempelhof AGS 2009, 566 = JurBüro 2009, 423; OLG Stuttgart AGS 2007, 566 = NJW 2007, 3218 = FamRZ 2007, 1832 = Justiz 2008, 23 = OLGR 2008, 126 = RVGreport 2007, 345.

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