Rz. 12

Die frühere Streitfrage, ob eine Einigung über die elterliche Sorge und das Umgangsrecht möglich ist, hat der Gesetzgeber auch für das gerichtliche Verfahren entschieden (zur außergerichtlichen Einigung siehe VV 1000 Abs. 5 S. 3). In Anm. Abs. 2 ist jetzt ausdrücklich geregelt, dass der Anwalt in Kindschaftssachen auch dann eine Einigungsgebühr erhält, wenn er

am Abschluss eines gerichtlich gebilligten Vergleichs (§ 156 Abs. 2 FamFG) oder
an einer Vereinbarung mitwirkt, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann,
wenn hierdurch eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich wird oder
die Entscheidung der getroffenen Vereinbarung folgt.
Im Falle einer Einigung über das Auskunftsrecht nach § 1686 BGB dürfte die Einigungsgebühr bereits nach Abs. 1 anfallen, da die Eltern darüber wohl verfügen können.
 

Rz. 13

Soweit danach in einem erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren über eine Kindschaftssache eine Einigungsgebühr anfällt, entsteht sie lediglich in Höhe von 1,0 (VV 1003). Das gilt auch in einem Vermittlungsverfahren nach § 165 FamFG.

 

Rz. 14

Zur Problematik bei Einbeziehung einer weiteren bisher nicht anhängigen Kindschaftssache siehe ausführlich VV 1003, 1004 Anh. Rdn 95.

 

Rz. 15

Zu Unrecht abgelehnt wird allerdings die Einigungsgebühr in Verfahren nach § 1666 BGB (Kindeswohlgefährdung), weil die Verfahrensbeteiligten keine das Gericht bindende Vereinbarungen schließen könnten.[4] Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes entsteht die Gebühr auch für die Mitwirkung am Abschluss eines gerichtlich gebilligten Vergleichs (§ 156 Abs. 2 FamFG) und an einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, wenn hierdurch eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich wird oder wenn die Entscheidung der getroffenen Vereinbarung folgt (Anm. Abs. 2).[5] Eindeutiger und verständlicher geht es kaum. Eine abweichende Auffassung[6] dürfte nach dem eindeutigen Wortlaut deshalb nicht mehr vertretbar sein. Auch den Verfahren nach § 1671 BGB liegt ein Vertragsgegenstand zugrunde, über den nicht vertraglich verfügt werden kann. Deshalb ist Anm. Abs. 2 anzuwenden, wenn der Anwalt daran mitwirkt, dass eine gerichtliche Entscheidung aufgrund des Einvernehmens der Beteiligten entbehrlich wird. Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der erreichen wollte, dass auch eine Einigung über nicht disponible Verfahrensgegenstände möglich ist. Das dagegen vorgebrachte Argument, Verfahren nach § 1666 BGB könnten jederzeit wieder aufgenommen oder ein neues Verfahren eingeleitet werden, geht deshalb ins Leere, weil dies auch bei einer Einigung im Verfahren nach § 1671 BGB immer möglich bleibt. In diesen Verfahren kann aber auch nach einhelliger Rechtsprechung eine Einigungsgebühr nach Anm. Abs. 2 ausgelöst werden. Die Rechtsprechung verkennt, dass die Vorschrift der Anm. Abs. 2 neben der Beseitigung eines Streits über ein Rechtsverhältnis die Entlastung der Gerichte honorieren soll. Es besteht deshalb auch bei denjenigen Verfahrensgegenständen, die der Dispositionsbefugnis der Beteiligten entzogen ist, kein Grund im Falle einer wirksamen Einigung eine Einigungsgebühr zu versagen. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn das Gericht dem Einigungsvorschlag der Beteiligten folgt.[7] Hätte der Gesetzgeber ein abweichendes Ziel vor Augen gehabt, hätte er die Ausnahme in Anm. Abs. 2 geregelt.

 

Rz. 16

Nach Auffassung des AG Koblenz[8] fällt eine Einigungsgebühr in einem Sorgerechtsverfahren dann nicht an, wenn das Gericht nach Erörterung der Sach- und Rechtslage lediglich das Ruhen der elterlichen Sorge des Vaters und Alleinsorge durch die Mutter anordnet. Dem Beschluss ist nicht zu entnehmen, ob die gerichtliche Entscheidung einer Vereinbarung der Beteiligten folgt. In diesem Fall hätte eine Einigungsgebühr aber nach Anm. Abs. 2 ausgelöst werden können. Insoweit das Entstehen der Einigungsgebühr aber deshalb abgelehnt wurde, weil über den Verfahrensgegenstand nicht verfügt werden könne, ist die Begründung der Entscheidung jedenfalls unzutreffend.

 

Rz. 17

Treffen die Beteiligten über den Verfahrensgegenstand nur eine vorläufige Regelung oder eine Zwischenvereinbarung, so geht das OLG Hamm[9] davon aus, dass eine Einigungsgebühr nach Anm. Abs. 2 nicht ausgelöst werde. In diesem Fall werde der Verfahrensgegenstand nicht erledigt; insbesondere würde der Streit und die Ungewissheit über das Rechtsverhältnis nicht beseitigt. Das OLG Köln[10] ist der Auffassung, eine "Zwischeneinigung" über eine vorläufige einvernehmliche Regelung von vorerst 10 begleiteten Umgangskontakten könne allenfalls dann eine Einigungsgebühr rechtfertigen, wenn aus der vorläufigen eine endgültige Regelung geworden sei und aus diesem Grund das Umgangsrechtsverfahren ohne eine abschließende Entscheidung des Familiengerichts geendet habe. Bestätigt hat das OLG Köln seine Auffassung in einer weiteren Entscheidung.[11] Danach, könne eine Einigungsgebühr in Kindschaftssachen nur dann entstehen, wenn die Notwendigkeit einer gerichtlic...

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