§ 21 Abs. 1 GKG; §§ 146 Abs. 2, 166 Abs. 1 S. 1 VwGO; § 117 Abs. 2 S. 1 und Abs. 4 ZPO

Leitsatz

  1. Von einer Erhebung von Kosten nach § 21 Abs. 1 GKG ist nicht deshalb abzusehen, weil in einer Rechtsmittelbelehrung die Unanfechtbarkeit des Beschlusses nicht erwähnt wird (hier: Unanfechtbarkeit der PKH-Ablehnung wegen Nichtvorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse). Eine unrichtige Sachbehandlung liegt insoweit nicht vor.
  2. Insoweit ist auch nicht nach § 21 Abs. 1 S. 3 GKG nach Ermessen von der Kostenerhebung abzusehen, da die Einigung der unstatthaften Prozesskostenhilfebeschwerde nicht auf unverschuldeter Unkenntnis beruht.

OVG Münster, Beschl. v. 23.5.2023 – 18 E 364/23

I. Sachverhalt

Der Kläger hatte vor dem VG Köln für das Verfahren erster Instanz einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Das VG hat diesen Antrag gem. § 166 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 2 S. 1 und Abs. 4 ZPO deshalb abgelehnt, weil der Antragsteller nicht dargelegt hatte, bedürftig i.S.d. § 166 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO zu sein. Die erforderliche Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (s. § 166 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 117 ZPO) hatte der Kläger nicht vorgelegt. Außerdem hatte das VG in demselben Beschluss über die anhängige Sache entschieden und den Streitwert festgesetzt. Dieser Beschluss des VG Köln enthielt eine Rechtsmittelbelehrung, die sich auf die Nennung der statthaften Rechtsmittel hinsichtlich der Sachentscheidung und der Streitwertfestsetzung beschränkte. Sie enthielt keinen Hinweis über ein Rechtsmittel gegen die Ablehnung der PKH. Der Antragsteller hat – vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten – gegen den Beschluss des VG Köln Beschwerde eingelegt. Das OVG Münster hat die Beschwerde verworfen und dem Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

II. Unzulässigkeit der Beschwerde

Nach den Ausführungen des OVG Münster war die gegen die Versagung der Gewährung von PKH für das erstinstanzliche Verfahren gerichtete Beschwerde unzulässig, da unstatthaft. Gem. § 146 Abs. 2 VwGO können nämlich Beschlüsse über die Ablehnung der PKH nicht mit der Beschwerde angefochten werden, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der PKH verneint, wie es hier das VG Köln getan hat.

III. Kostenentscheidung

Das OVG Münster hat dem Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens gem. §§ 154 Abs. 2, 166 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO auferlegt und gleichzeitig angeordnet, dass eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht in Betracht komme.

IV. Nichterhebung von Gerichtskosten gem. § 21 Abs. 1 GKG

1. Gesetzliche Reglung

Gem. § 21 Abs. 1 S. 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Gem. § 21 Abs. 1 S. 3 GKG kann für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

2. Unrichtige Sachbehandlung

Nach Auffassung des OVG Münster hat das VG Köln die Sache nicht unrichtig i.S.v. § 21 Abs. 1 S. 1 GKG behandelt. Eine solche unrichtige Sachbehandlung ergebe sich insbesondere nicht daraus, dass das VG Köln dem vom Antragsteller angefochtenen Beschluss keine Rechtsmittelbelehrung dergestalt beigefügt hat, dass die Entscheidung über die Ablehnung der PKH unanfechtbar sei. Das OVG hat darauf hingewiesen, dass zwar in der Praxis vielfach bei unanfechtbaren Beschlüssen ausdrücklich auf das Fehlen von Rechtsmitteln mit dem Hinweis "dieser Beschluss ist unanfechtbar" hingewiesen werde. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Erteilung einer solchen "Negativbelehrung" bestehe jedoch nicht, wenn die Entscheidung nicht durch ein ordentliches Rechtsmittel anfechtbar sei (so BFH, Beschl. v. 14.12.2007 – V B 177/07; BFH BFH/NV 2002, 941).

Nach Auffassung des OVG Münster ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung des Gerichts zu einer Rechtsmittelbelehrung auch nicht aus § 58 VwGO. Diese Vorschrift setze nämlich das Bestehen eines Rechtsbehelfs voraus.

Die Auslegung der Rechtsmittelbelehrung des VG Köln zu dem angefochtenen Beschluss ergibt nach den weiteren Ausführungen des OVG Münster auch nicht, dass die Ablehnung von PKH anfechtbar sei. Die Nennung der statthaften Rechtsmittel beschränke sich nämlich nur auf die Sachentscheidung und die ferner erfolgte Streitwertfestsetzung. Deshalb sei sie bei verständiger Auslegung nicht so zu verstehen, dass die Ablehnung von PKH anfechtbar sei.

V. Kein Absehen von der Erhebung von Kosten

Abschließend hat das OVG Münster auch nicht von der Erhebung von Kosten gem. § 21 Abs. 1 S. 3 GKG abgesehen. Die Erhebung der unstatthaften Beschwerde des Antragsgegners gegen die Versagung der PKH beruhe nämlich nicht auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse. Vielmehr hätte dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers bekannt sein müssen, dass die Beschwerde gem. § 146 Abs. 2 VwGO unstatthaft sei, weil der Antragsteller in der ersten Instanz nicht dargelegt hatte, bedürftig zu sein. Das Verschulden d...

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