Rechtsanwalt Rainer Riegler und Rechtsfachwirtin Sabine Vetter, Familiensachen richtig bewerten oder: Kosten einer Scheidung, RENOpraxis 2022, 109

In ihrem Beitrag geben die Autoren eine Übersicht über die Verfahrenswerte in Ehe- und Familienstreitsachen.

Zunächst erörtern Riegler und Vetter die Systematik der Kostenermittlung. Ausgangspunkt für die richtige Berechnung der Gerichtskosten ist nach der Darstellung der Autoren gem. § 3 Abs. 1 FamGKG der Wert des Verfahrensgegenstandes, also der Verfahrenswert. Die Gebühren des in Ehe- und Familienstreitsachen tätigen Verfahrensbevollmächtigten richten sich demgegenüber gem. § 13 Abs. 1 RVG nach dem Gegenstandswert. Soweit sich die Gerichtsgebühren in diesen Verfahren nach dem Verfahrenswert bestimmen, bestimmt sich der für die Berechnung der Anwaltsgebühren im gerichtlichen Verfahren maßgebliche Gegenstandswert gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften.

Sodann weisen Rieger und Vetter darauf hin, dass die im Verbundverfahren zusammengefasste Scheidung und die Folgesachen gem. § 44 Abs. 1 FamGKG gerichtsgebührenrechtlich als ein Verfahren behandelt werden. Dies führe dazu, dass die jeweils zu ermittelnden Verfahrenswerte der Ehesache und der Folgesachen zusammenzurechnen seien. Dem folgen Ausführungen der Autoren zur Abtrennung. Bei Abtrennung einer Folgesache müsse unterschieden werden, um welche Folgesachen es sich handelt. Bei Versorgungsausgleichs-, Unterhalts-, Ehewohnungs- und Haushaltssachen sowie bei Güterrechtssachen bestehe gem. § 137 Abs. 5 S. 1 FamFG der Verbund auch nach der Abtrennung weiter. Demgegenüber würden Kindschaftssachen wie die elterliche Sorge, der Umgang oder die Herausgabe nach der Abtrennung gem. § 137 Abs. 5 S. 2 FamFG als selbstständige Verfahren weitergeführt. Für die Anwaltsgebühren hat dies nach den weiteren Ausführungen der Autoren jedoch keine erhebliche Bedeutung. Auch eine abgetrennte Folgesache werde gem. § 21 Abs. 3 RVG nämlich als dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit i.S.v. § 16 Abs. 4 RVG behandelt, mit der Folge, dass die Anwaltsgebühren auch bei Abtrennung nur einmal anfallen.

In einem weiteren Teil ihres Beitrags fassen die Autoren in einer tabellarischen Übersicht die Werte für Verbundsachen zusammen. Für die Ehesache, die elterliche Sorge, das Umgangsrecht, die Kindesherausgabe, den Kindesunterhalt, den nachehelichen Ehegattenunterhalt, den Versorgungsausgleich, die Zuweisung der Ehewohnung und von Haushaltsgegenständen, den Zugewinnausgleich und die Stundung der Ausgleichsforderung stellen Rieger und Vetter die für die Bewertung jeweils maßgeblichen Umstände zusammen und führen die einschlägige Gesetzesvorschrift des FamGKG an. Vergleichbar stellen die Autoren die Verfahrenswerte für isolierte Verfahren zusammen, die nach anderen, in der Tabelle jeweils aufgeführten Vorschriften des FamGKG zu berechnen sind.

Zusätzlich weisen Rieger und Vetter darauf hin, dass die in § 44 Abs. 2 und § 45 Abs. 1 FamGKG aufgeführten Verfahrenswerte Regelwerte seien, die bei Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls nach oben, aber auch nach unten geändert werden könnten.

In einem weiteren Teil ihres Beitrags befassen sich Rieger und Vetter mit der Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe. Nach kurzer Einführung in die allgemeinen Voraussetzungen für deren Bewilligung und die dafür maßgeblichen Gesetzesvorschriften erörtern die Autoren die inhaltlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe. So müsse die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung grds. zwar Aussicht auf Erfolg haben und dürfe nicht mutwillig sein. In einem Ehescheidungsverfahren spiele dies jedoch in der Praxis kaum eine Rolle. Voraussetzung für die Bewilligung von Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe sei lediglich, dass der Ehescheidungsantrag schlüssig ist. Da im Ehescheidungsverfahren die anwaltliche Vertretung vorgeschrieben sei, greife der Grundsatz der Waffengleichheit ein, wonach eine anwaltliche Vertretung auch für die Antragsgegnerseite nicht mutwillig sei.

Weitere Voraussetzung für die Bewilligung von Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe ist die Bedürftigkeit. Rieger und Vetter weisen darauf hin, dass der Beteiligte gem. § 115 Abs. 3 ZPO sein Vermögen vorab einzusetzen habe, soweit dies zumutbar sei. Infolge der Verweisung auf § 90 SGB XII sei grds. das gesamte verwertbare Vermögen mit Ausnahme eines Schonvermögens in der Größenordnung von etwa 5.000,00 EUR einzusetzen. Außerdem seien weitere Vermögenswerte, die die Autoren aufführen, nicht einzusetzen.

Außerdem hat der um Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe nachsuchende Antragsteller sein Einkommen einzusetzen. In ihrem Beitrag führen Rieger und Vetter im Einzelnen auf, was zu dem einsetzbaren Einkommen gehört und was nicht. Außerdem verweisen die Autoren auf die von dem verbleibenden Einkommen abzusetzenden Freibeträge. Gem. § 115 Abs. 2 ZPO sei das nach Abzug der Freibeträge verbleibende Einkommen einzusetzen. Von dem einzusetzenden ...

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