1. Unbezifferter Klageantrag

Das OLG hat die Klage als zulässig angesehen. Der unbezifferte Klageantrag unter Angabe einer Mindestforderung genüge dem Bestimmtheitserfordernis gem. § 253 Abs. 2 ZPO. Da die Klägerin immaterielle Nachteile geltend mache und hierfür eine Geldentschädigung verlange, stehe die Festsetzung der Entschädigung gem. § 198 Abs. 2 S. 4 GVG im Ermessen des Gerichts, welches grds. neben einer niedrigeren auch eine höhere als die verlangte Mindestsumme ausurteilen könne. Diese Möglichkeit gebiete – wie auch sonst bei Klagen auf Geldentschädigung wegen immaterieller Nachteile – die Zulässigkeit des unbezifferten Zahlungsantrages (vgl. Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 GVG Rn 244; Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., 2020, § 253 Rn 14 a).

2. Besondere Voraussetzungen der Entschädigungsklage

Auch die besonderen Voraussetzungen der Entschädigungsklage haben nach Auffassung des OLG vorgelegen. Nachdem die Klägerin Verzögerungsrügen am 19.11.2019 und 20.5.2020 erhoben habe, sei die sechsmonatige Wartefrist des § 198 Abs. 5 S. 1 GVG mit der Einreichung der Klage am 10.12.2010 eingehalten worden.

Weiterhin ist die Klagefrist des § 198 Abs. 5 S. 2 GVG eingehalten worden. Nach dieser Bestimmung müsse die Klage spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Vorliegend sei über den auf § 55 RVG gestützten Festsetzungsantrag der Klägerin am 17.6.2020 entschieden worden. Gegen diesen Beschluss habe der Staatskasse gem. § 56 RVG die unbefristete Erinnerung zu, die jedoch nicht eingelegt worden sei. Da der Festsetzungsbeschluss nicht in Rechtskraft erwachse, liege es deshalb nahe, die Klagefrist mit dem Datum des Beschlusses bzw. der Übermittlung an die Klägerin beginnen zu lassen. Die Einreichung der Klageschrift beim zuständigen OLG am 10.12.2020 sei daher zweifellos vor Ablauf der Klagefrist erfolgt.

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