Im Falle eines zweiten Versäumnisurteils ist wiederum zu differenzieren:

1. Erstes Versäumnisurteil ist im Termin ergangen

Ist im ersten Verhandlungstermin ein Versäumnisurteil ergangen und wird dann in dem auf den Einspruch hin anberaumten zweiten Verhandlungstermin (§ 341a ZPO) der Einspruch durch zweites Versäumnisurteil verworfen, so entsteht eine volle 1,2-Terminsgebühr.[18] Die Ermäßigung nach Nr. 3105 VV tritt nur dann ein, wenn der Anwalt lediglich "einen" Termin wahrnimmt. Der BGH geht davon aus, dass es sich hierbei um ein Zahlwort und nicht um einen unbestimmten Artikel handelt, so dass die Ermäßigung nach Nr. 3105 VV beim zweiten Versäumnisurteil nicht mehr anwendbar sei. Dieser Auffassung ist die einhellige Rechtsprechung zwischenzeitlich gefolgt. Die frühere zum Teil gegenteilige Rechtsprechung[19] ist damit überholt und wird nicht mehr vertreten.

 

Beispiel 13

Im ersten Verhandlungstermin ist gegen den säumigen Beklagten ein Versäumnisurteil über 10.000,00 EUR ergangen. Hiergegen hat er Einspruch eingelegt. In dem daraufhin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint er wieder nicht, so dass gegen ihn ein zweites Versäumnisurteil nach § 345 ZPO ergeht.

Es entsteht für die Wahrnehmung beider Termine insgesamt nur eine Terminsgebühr, allerdings i.H.v. 1,2.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   725,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   669,60 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.415,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 268,85 EUR  
Gesamt 1.683,85 EUR  

Voraussetzung ist allerdings, dass der Anwalt am ersten Versäumnisurteil bereits beteiligt war; ansonsten entsteht nur eine 0,5-Terminsgebühr.

[18] BGH AGS 2006, 487 = NJW 2006, 2927 = AnwBl 2006, 675 = Rpfleger 2006, 625 = JurBüro 2006, 639 = MDR 2007, 178; AGS 2006, 366 = FamRZ 2006, 1273 = AnwBl 2006, 674 = NJW 2006, 3430 = JurBüro 2006, 585 = RVGreport 2006, 304 = RVGprof. 2006, 18; OLG Koblenz AGS 2015, 373 = Rpfleger 2015, 671 = JurBüro 2015, 577 = FamRZ 2016, 256 = RVGreport 2015, 380.
[19] Z.B. OLG Nürnberg AGS 2006, 163 = Rpfleger 2006, 226 = AnwBl 2006, 286 = JurBüro 2006, 194 = NJW 2006, 1527 = MDR 2006, 778 = RVGreport 2006, 64 = NJW 2006, 3456.

2. Erstes Versäumnisurteil ist im schriftlichen Vorverfahren ergangen

Ebenso zu rechnen ist, wenn das erste Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren nach § 331 Abs. 3 ZPO ergangen ist, da die Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach Anm. Abs. 2 zu Nr. 3105 VV i.V.m. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV einem Termin gleichsteht, so dass insgesamt zwei Termine angefallen sind, und damit der Ermäßigungstatbestand der Nr. 3105 VV wiederum nicht gegeben ist.[20] Auch hier wird die früher zum Teil vertretene gegenteilige Ansicht nicht mehr vertreten.

 

Beispiel 14

Wie Beispiel 13, jedoch ist das Versäumnisurteil gegen den Beklagten im schriftlichen Vorverfahren ergangen.

Abzurechnen ist wie in Beispiel 13.

[20] BGH AGS 2006, 366 = FamRZ 2006, 1273 = AnwBl 2006, 674 = NJW 2006, 3430 = JurBüro 2006, 585 = RVGreport 2006, 304 = RVGprof. 2006, 181.

3. Zweites Versäumnisurteil nach Vollstreckungsbescheid

Ergeht auf Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid im daraufhin anberaumten Verhandlungstermin auf Antrag des Klägervertreters ein zweites Versäumnisurteil (§§ 700, 345 ZPO), so entsteht jetzt nur eine Terminsgebühr i.H.v. 0,5 nach Nr. 3105 VV.[21] Eine 1,2-Terminsgebühr kommt hier nicht in Betracht, da es im Gegensatz zu den Beispielen zu 13 und 14 an einem zweiten Termin fehlt.

 

Beispiel 15

Im Mahnverfahren ist ein Vollstreckungsbescheid über 10.000,00 EUR ergangen. Hiergegen legt der Beklagte Einspruch ein. Im daraufhin anberaumten Termin bleibt er säumig, so dass sein Einspruch durch zweites Versäumnisurteil nach §§ 700 Abs. 6 S. 1, 345 ZPO verworfen wird.

Im Mahnverfahren entstehen die Verfahrensgebühren der Nrn. 3305 und 3308 VV.

Im streitigen Verfahren entsteht eine neue Verfahrensgebühr (§ 17 Nr. 2 RVG), auf die die Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens allerdings anzurechnen ist (Anm. zu Nr. 3305 VV). Hinzu kommt eine 0,5-Terminsgebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV. Eine Anrechnung der Verfahrensgebühr der Nr. 3308 VV ist nicht vorgesehen.

I. Mahnverfahren

 
1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3305 VV   558,00 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3308 VV   279,00 EUR
  (Wert: 10.000 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 857,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   162,83 EUR
Gesamt   1.019,83 EUR

II. Streitiges Verfahren

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV     725,40 EUR
  (Wert: 10.000 EUR)      
2. gem. Anm. zu Nr. 3305 VV   – 558,00 EUR  
  anzurechnen,1,0 aus 10.000 EUR      
3. 0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV     279,00 EUR
  (Wert: 10.000 EUR)      
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV     20,00 EUR
  Zwischensumme 466,40 EUR    
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV     88,62 EUR
Gesamt     555,02 EUR
[21] OLG Köln AGS 2007, 296 = RVGreport 2007, 189; AG Kaiserslautern JurBüro 2005, 475; OLG Brandenburg AGkompakt 2010, 42 = JurBüro 2010, 243; OLG Nürnberg AGS 2008, 486 = MDR 2008, 1127 = Rpfleger 2008, 598 ...

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