Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO).

Das Rechtsmittel der Klägerin bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Der angegriffene Kostenfestsetzungsbeschluss ist nicht zu beanstanden. Das Erstgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei den von der Klägerin und der Beklagten gegen das Endurteil des OLG München erhobenen Nichtzulassungsbeschwerden aus gebührenrechtlicher Sicht um eine Angelegenheit gehandelt hat.

1. Wenn ein Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit tätig geworden ist, kann er die Gebühren gem. § 15 Abs. 2 RVG nur einmal fordern.

a) Die Frage, ob von einer oder von mehreren Angelegenheiten auszugehen ist, lässt sich nach der Rspr. des BGH nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände beantworten, wobei insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgebend sein soll. Weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen danach in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Die Annahme einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn setzt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeiten kann vielmehr grundsätzlich auch dann noch gesprochen werden, wenn der Rechtsanwalt zur Wahrnehmung der Rechte seiner Partei verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen hat. Denn unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Die Angelegenheit ist von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht. Eine Angelegenheit kann demnach mehrere Gegenstände umfassen. Maßgeblich ist, ob verschiedene Gegenstände einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden und in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können, etwa weil sie verfahrensrechtlich bereits zusammengefasst sind (BGH, Urt. v. 21.6.2011 – VI ZR 73/10, NJW 2011, 3167; v. 8.5.2014 – IX ZR 219/13, NJW 2014, 2126 [= AGS 2014, 263]; BGH, Beschl. v. 17.12.2015 – III ZB 61/15, AGS 2016, 61).

b) Wenn ein Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig geworden ist, stellt dieses in der Regel in dem jeweiligen Rechtszug eine Angelegenheit dar (BGH, Beschl. v. 24.3.2016 – III ZB 116/15 = NJW-RR 2016, 883 [= AGS 2016, 316]; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 22. Aufl., § 15 Rn 11; Ahlmann, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., § 15 Rn 10; AnwK-RVG/N. Schneider, 7. Aufl., § 15 Rn 82; Hartmann, KostG, 46. Aufl., § 15 RVG Rn 16). Dass die Gebühren im gerichtlichen Verfahren in jedem Rechtszug gefordert werden können, ergibt sich im vorliegenden Fall bereits aus § 15 Abs. 2 S. 2 RVG in der bis zum geltenden Fassung, die hier gem. § 60 Abs. 1 S. 1 RVG noch anzuwenden ist, da der Auftrag für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zweifellos vor dem 1.8.2013 erteilt worden ist. Nach derzeit geltendem Recht folgt dasselbe im Übrigen aus § 17 Nr. 1 RVG.

c) Auch im Falle wechselseitiger Rechtsmittel liegt danach aus gebührenrechtlicher Sicht eine Angelegenheit für den Rechtsanwalt vor. So ist es – soweit ersichtlich – bisher einhellige Auffassung, dass nur eine Angelegenheit vorliegt, wenn die Parteien wechselseitig Berufung gegen dasselbe Urteil einlegen und diese Berufungen in einem gemeinsamen Prozess verhandelt werden (vgl. nur AnwK/N. Schneider, a.a.O., § 15 Rn 108). Im Falle zweier Nichtzulassungsbeschwerden gegen dieselbe Ausgangsentscheidung, von denen nur eine zur Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens als Revisionsverfahren führt (§ 544 Abs. 6 S. 1 ZPO), kann nichts anderes gelten. Es trifft zwar zu, dass es sich bei der Nichtzulassungsbeschwerde um einen speziellen Rechtsbehelf handelt, der in erster Linie dem Zweck dient, die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht einer Überprüfung durch das Revisionsgericht zuzuführen und dort die Zulassung der Revision zu erreichen. Richtig ist auch, dass es sich bei der Nichtzulassungsbeschwerde um kein Rechtsmittel in Bezug auf die Hauptsache handelt. Diese fällt in der Revisionsinstanz vielmehr erst dann an, wenn das Revisionsgericht der Nichtzulassungsbeschwerde stattgibt und die Revision zulässt (BGH, Beschl. v. 28.3.2006 – XI ZR 388/04, NJW-RR 2006, 1508 [= AGS 2006, 306]; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 13. Aufl., § 544 Rn 2; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 544 Rn 5). Dies ändert jedoch nichts daran, dass durch die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerden durch beide Parteien ein einheitlicher neuer Rechtszug beim BGH begründet worden ist. Insoweit ist durchaus von Bedeutung, dass der BGH beide Nichtzulassungsbeschwerden unter einem einheitlichen Akt...

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