Leitsatz

  1. Grundlage des Vergütungsanspruchs des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwalts ist der Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
  2. Vertritt der Anwalt mehrere Streitgenossen, von denen lediglich einem Teil unbeschränkt Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, ist der Vergütungsanspruch des Anwalts weder auf den Erhöhungsbetrag nach Nr. 1008 VV noch auf eine Quote entsprechend der Gesamtzahl der Vertretenen beschränkt.

Sächsisches LSG, Beschl. v. 9.9.2014 – L 8 AS 1192/12 B KO 

1 Sachverhalt

Die eine Haushaltsgemeinschaft bildenden Kläger, von denen die Kläger zu 1) u. 2) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II bezogen, führten vor dem SG, seit dem Widerspruchsverfahren vertreten durch den Beschwerdeführer, das Verfahren S 26 AS 5111/11, in dem im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X um Leistungen für den Zeitraum 1.12.2009 bis 31.5.2010 gestritten wurde. Mit Beschl. v. 14.3.2012 bewilligte das SG den Klägern zu 2) und 3) PKH unter Beiordnung des Beschwerdeführers; die Bewilligung von PKH für die Klägerin zu 1) lehnte es mangels Bedürftigkeit ab. Nach Erlass eines Änderungsbescheides nahm der Beschwerdeführer für die Kläger mit Schriftsatz vom 5.4.2012 ein Teilanerkenntnis des Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt. Einen Kostenantrag stellte er nicht.

Am 19.4.2012 beantragte der Beschwerdeführer, seine aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen für die Vertretung der Kläger zu 2) und 3) wie folgt festzusetzen:

 
Praxis-Beispiel
 
Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV) 170,00 EUR
Erhöhungsgebühr (Nr. 1008 VV, 2 Auftraggeber)  51,00 EUR
Terminsgebühr (Nr. 3106 VV) 100,00 EUR
Einigungs-/Erledigungsgebühr (Nr. 1005 i.V.m. Nr. 1006 VV 190,00 EUR
Auslagen (Nr. 7002 VV)  20,00 EUR
Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV) 108,89 EUR
Summe  631,89 EUR

Mit Beschl. v. 20.7.2012 setzte die Urkundsbeamtin des SG die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen wie folgt fest:

 
Praxis-Beispiel
 
Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV) 170,00 EUR
Erhöhungsgebühr (Nr. 1008 VV) 102,00 EUR
Erledigungsgebühr (Nr. 1006 VV) 190,00 EUR
Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV)  20,00 EUR
Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV)  91,58 EUR
Summe  573,58 EUR
Davon 2/3 382,39 EUR

Dagegen legte der Beschwerdeführer Erinnerung ein und lehnte zugleich die Urkundsbeamtin wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Unzutreffend sei keine fiktive Terminsgebühr festgesetzt und ohne Rechtsgrundlage eine Kostenquote ausgesprochen worden.

Das SG hat die Erinnerung zurückgewiesen. Insbesondere sei es nicht zu beanstanden, dass die Urkundsbeamtin entsprechend der PKH-Bewilligung Gebühren und Auslagen für nur 2 der 3 Streitgenossen festgesetzt habe. Es sei mit dem sozialhilferechtlichen Zweck des Rechts der PKH nicht zu vereinbaren, den vollen Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers anzuerkennen und die Staatskasse auf einen Ausgleich nach § 426 BGB gegen den nicht bedürftigen Streitgenossen zu verweisen.

Dagegen hat der Beschwerdeführer Beschwerde erhoben, der das SG nicht abgeholfen hat. Er trägt vor: Die Kostenbeamtin habe keine fiktive Terminsgebühr festgesetzt, obwohl der Beschwerdeführer ein Teilanerkenntnis angenommen und die Klage im Übrigen für erledigt erklärt habe. Ferner habe sie ohne Rechtsgrundlage eine Kostenquote ausgesprochen, obwohl den Klägern zu 2) und 3) PKH bewilligt worden sei. Entsprechend habe er auch die Festsetzung der Vergütung beantragt.

Der Beschwerdegegner ist der Beschwerde entgegengetreten. Eine fiktive Terminsgebühr entstehe nur, sofern ein volles Anerkenntnis angenommen werde. Die Quotelung entspräche der Rspr. Es seien keine objektiven Gründe ersichtlich, warum die Staatskasse die Anwaltskosten eines Streitgenossen übernehmen solle, dem keine PKH bewilligt worden sei.

Die Beschwerde hatte teilweise Erfolg.

2 Aus den Gründen

Das SG hat die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen insoweit zu niedrig festgesetzt, als es von einer dem Beschwerdeführer nur zustehenden Vergütungsquote von 2/3 ausgegangen ist, weil dieser insgesamt drei Streitgenossen vertreten hat, von denen nur zweien PKH bewilligt war. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet. Eine fiktive Terminsgebühr ist nicht entstanden.

a) Die vom SG vorgenommene Quotelung der Vergütung des Beschwerdeführers auf 2/3 der für die Vertretung von drei Klägern angemessenen Vergütung ist rechtswidrig.

Der im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt erhält die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor Gerichten eines Landes aus der Staatskasse (§ 45 Abs. 1 RVG), wobei sich sein Vergütungsanspruch nach den Beschlüssen bestimmt, durch die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet wurde (§ 48 Abs. 1 RVG). Voraussetzung eines eigenen Vergütungsanspruchs des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse ist damit eine wirksame Beiordnung durch das Prozessgericht, die sich auch im Sozialgerichtsprozess nach den Regelungen der ZPO richtet, § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO. Dieser Beiordnungsbeschluss ist Grundlage des Vergütungsfestsetzu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge