Es ist vorbei! – Es ist nicht vorbei!

Mit der Entscheidung des OLG Düsseldorf v. 7.6.2011 dürfte die Leidensgeschichte des Strafverteidigers ihr endgültiges Ende gefunden haben, der zum Abschluss der Verteidigung bei seinem Mandanten die mit diesem vereinbarte Vergütung einforderte, die ihm das LG Wuppertal im Jahre 2005 auch problemlos zugesprochen hatte.

Im Weiteren schrieb dieser Rechtsanwalt dann – wohl eher unfreiwillig – Justizgeschichte, indem er die folgenden sechs Jahre um sein Honorar kämpfen musste und hierbei nicht nur das OLG Düsseldorf mehrfach, sondern auch den BGH zwei Mal bemühte.

Dieser Rechtanwalt kann sicherlich für sich in Anspruch nehmen, das Recht der Vergütungsvereinbarung weiter entwickelt zu haben.

Allein seinem Verfahren ist es zu verdanken, dass der BGH der jahrzehntelangen Rspr. des OLG Düsseldorf Einhalt gebieten konnte, mit der anwaltliche Vergütungsvereinbarungen außer Kraft gesetzt worden waren.

So hatte das OLG Düsseldorf in std. Rspr. die nicht nachvollziehbare Auffassung vertreten, ein in der Vergütungsvereinbarung irgendwie enthaltenes Empfangsbekenntnis mache dieses vollständig unwirksam und hindere den Rechtsanwalt daran, die vereinbarte Vergütung einzufordern.[1]

Beim "zweiten Durchlauf" gab das OLG Düsseldorf dem BGH dann nochmals eine Steilvorlage, für eine gewisse Klarheit im Recht der Vergütungsvereinbarung zu sorgen.[2]

In der Entscheidung vom 21.10.2010 wurde der rechtlichen Selbstverständlichkeit Nachdruck verliehen, dass der in einer bundesweiten Studie ermittelte durchschnittliche Stundensatz von rund 180,00 EUR mit einem unangemessenen und dann herabzusetzenden Stundensatz nichts, aber auch rein gar nichts zu tun hat.

Der BGH fand hier die klaren Worte, dass die Herabsetzung eines nun einmal frei vereinbarten Honorars nur dort in Betracht kommt, wo ein krasses, evidentes Missverhältnis zwischen der anwaltlichen Leistung und ihrer Vergütung anzutreffen ist.[3]

Es wird auch herausgearbeitet, dass es Richtern grundsätzlich nicht erlaubt ist, den abgerechneten anwaltlichen Arbeitsaufwand willkürlich zu kürzen und diesen durch die eigene geschätzte Arbeitszeit zu ersetzen.

Nur dort, wo die abgerechneten Stunden beim besten Willen nicht nachvollziehbar sind, mag eine Korrektur vorgenommen werden.

Dass dies leider in manchen anwaltlichen Abrechnungen allerdings durchaus geboten ist, hat erst unlängst das OLG München überzeugend feststellen müssen.[4]

Des Weiteren ist es diesem langwierigen Verfahren zu verdanken, dass der BGH Gelegenheit nahm, gewisse Regeln aufzustellen, nach denen die Unangemessenheit oder besser die Angemessenheit einer Vergütungsvereinbarung zu beurteilen ist.

So wird eine Parallele zu den Bewertungskriterien von § 14 RVG gezogen und es wird die richtige Feststellung getroffen, dass auch der vom Anwalt herbeigeführte Erfolg Berücksichtigung finden kann, ja sogar muss.

Recht gegeben hat der BGH dem OLG Düsseldorf in der bis dahin noch nicht höchstrichterlich entschiedenen Frage, ob der Rechtsanwalt verpflichtet ist, bei Abrechnung nach Zeitaufwand die Stundenaufstellung der Rechnung unaufgefordert beizufügen.

Dies wurde vom BGH i.S.d. OLG Düsseldorf entschieden, was für die meisten seriös abrechnenden Rechtsanwälte aber ohnehin eine Selbstverständlichkeit war und ist.

Besondere Bedeutung erlangte die Entscheidung des BGH v. 21.10.2010 aber dadurch, dass man sich nunmehr zum zweiten Mal ersichtlich weigerte, den Überlegungen des OLG Düsseldorf zur angeblichen Unwirksamkeit von sog. Zeittaktklauseln näherzutreten.

Das auffällige Hinwegschweigen des BGH zu dieser bundesweit ausschließlich vom OLG Düsseldorf thematisierten Rechtsfrage wurde einheitlich begrüßt und dahingehend interpretiert, dass das Thema Zeittaktklausel nunmehr endgültig vom Tisch sei.

Entsprechend wurde auch eine Äußerung eines Mitgliedes des 24. Senats in der mündlichen Verhandlung anlässlich eines anderen Gebührenrechtsstreits verstanden.[5]

Allein: Die Hoffnung hat getrogen. Mag es der BGH anders sehen, mögen es die OLG in Hamm und Schleswig anders sehen und mag es auch die Lit. anders sehen, das OLG Düsseldorf hält an seiner Rechtsauffassung unverdrossen fest und bleibt dabei, dass eine Klausel, die eine Abrechnung nach angefangenen 15 Minuten zulässt, an sich unwirksam sein soll.[6]

Und insoweit kann man nur feststellen:

Es ist noch nicht vorbei für Rechtsanwälte, die derartige Klauseln in ihren Vergütungsvereinbarungen nutzen; sie sollten dann jedenfalls den Bezirk des OLG Düsseldorf möglichst weiträumig (soweit möglich) umfahren.

Bemerkenswert ist übrigens, dass das OLG Düsseldorf dem BGH keine dritte Chance einräumen wollte, sich zu der Zeittaktklausel zu äußern.

Bei der Entscheidung vom 7.6.2011 wird die Revision – wie beim ersten Durchgang – nicht zugelassen.

Für den betroffenen Strafverteidiger dürfte die Sache aber nun endgültig vorbei sein. Es ist kaum anzunehmen, dass er unter Berücksichtigung der jetzigen Entscheidungsgründe die Kraft aufbringt, es hier nochmals mit einer Nichtzulassungsbe...

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