1. Zur vorläufigen Festsetzung

Zunächst einmal fragt es sich, wie das FamG hier überhaupt auf die Idee kommen konnte, einen vorläufigen Verfahrenswert für die Folgesachen festzusetzen.

Die vorläufige Wertfestsetzung richtet sich nach § 55 Abs. 1 FamGKG.

Danach setzt das Gericht durch Beschluss einen Verfahrenswert vorläufig fest, wenn Gebühren, die sich nach dem Verfahrenswert richten, mit der Einreichung des Klageantrags, des Antrags, der Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe einer entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig werden. Voraussetzung für eine vorläufige Wertfestsetzung ist also, dass mit Antragseinreichung Gerichtskosten fällig werden.

Die Fälligkeit der Gerichtsgebühren wiederum richtet sich nach § 9 ff. FamGKG. Danach tritt in Ehesachen und selbstständigen Familienstreitsachen die Fälligkeit der Verfahrensgebühr mit Antragseinreichung ein. Die Gerichtsgebühr aus den Folgesachen wird dagegen noch nicht fällig.

Entsprechend ordnet § 14 FamGKG eine Abhängigmachung auch nur für die Ehesache selbst an, nicht für Folgesachen. Nur in Ehesachen soll die Antragsschrift erst nach Zahlung der Verfahrensgebühr zugestellt werden. Für Folgesachen gilt dies nicht. Die gerichtliche Verfahrensgebühr aus den Folgesachen wird erst unter den Voraussetzungen des § 11 FamGKG fällig, nämlich wenn

  eine unbedingte Entscheidung über die Kosten ergangen ist,
  das Verfahren oder der Rechtszug durch Vergleich oder Zurücknahme beendet ist,
  das Verfahren sechs Monate ruht oder sechs Monate nicht betrieben worden ist,
  das Verfahren sechs Monate unterbrochen oder sechs Monate ausgesetzt war oder
  das Verfahren durch anderweitige Erledigung beendet ist.

Tritt aber mit Antragseinreichung keine Fälligkeit ein, dann ist es nicht nur überflüssig, sondern auch sinnlos, einen vorläufigen Verfahrenswert festzusetzen, zumal gem. § 55 Abs. 2 FamGKG nach Abschluss des Verfahrens ohnehin eine endgültige Wertfestsetzung erfolgt.

Eine vorläufige Festsetzung des Verfahrenswertes dient niemandem; im Gegenteil führt sie – wie hier – nur zu Missverständnissen und unnötigem Aufwand.

2. Keine Beschwerde gegen vorläufige Festsetzung

Eine vorläufige Wertfestsetzung ist unanfechtbar. Die Beschwerde nach § 59 FamGKG/§ 68 GKG ist nur gegen die endgültige Wertfestsetzung gegeben.

Die vorläufige Wertfestsetzung ist auch für den Anwalt über § 32 Abs. 2 RVG nicht anfechtbar. Dies ist auch zutreffend, weil durch eine vorläufige Wertfestsetzung für ihn keine Beschwer eintritt. Eine Abrechnung der Anwaltsgebühren ist zu diesem Zeitpunkt mangels Fälligkeit noch nicht möglich (s. §§ 8, 10 RVG). Hinsichtlich einer Vorschussanforderung (§ 9 RVG) wiederum ist der Anwalt aber an eine vorläufige Wertfestsetzung nicht gebunden. Er kann auch Vorschüsse nach einem voraussichtlich höheren Wert anfordern.[1]

3. Wertaddition bei wechselseitigen Anträgen auf Zugewinnausgleich

Unabhängig davon sind die rechtlichen Hinweise des OLG zutreffend. Insbesondere weist das OLG zutreffend daraufhin, dass bei wechselseitigen Anträgen auf Zugewinnausgleich kein Fall des § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG (derselbe Gegenstand) vorliegt, sondern dass verschiedene Verfahrensgegenstände vorliegen und deren Werte zu addieren sind.

Ebenso:

OLG Stuttgart,[2]

OLG Karlsruhe,[3]

OLG Bamberg,[4]

OLG München,[5]

OLG Köln,[6]

OLG Hamburg.[7]

A.A. (nur der höhere Wert):

OLG Hamm.[8]

[1] AnwK-RVG/N. Schneider, § 9 Rn 62.
[2] AGS 2007, 47 = FamRZ 2006, 1055.
[3] NJW 1976, 3247.
[4] FamRZ 1995, 492.
[5] FamRZ 1997, 41.
[6] FamRZ 1997, 41; FamRZ 2001, 1386 = MDR 2001, 941; OLGR 2001, 9.
[7] AGS 2000, 230 = OLGR 2000, 306.
[8] RVGreport 2007, 38; Beschl. v. 9.8.2006–10 WF 154/06 (juris).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge