I. Unzulässige Streitwert-Festsetzung

Nach § 63 Abs. 1 S. 1 GKG setzt das Gericht den Streitwert für die Gerichtsgebühren fest, wenn Gerichtsgebühren anfallen und diese sich nach dem Streitwert richten. Daraus folgt, dass ein Gericht nur dann eine Kompetenz zur Streitwertfestsetzung hat, wenn

  Gerichtsgebühren anfallen

und

  diese sich nach dem Streitwert berechnen.

Umgekehrt folgt daraus, dass ein Gericht keine Kompetenz hat, einen Streitwert festzusetzen, wenn entweder keine Gerichtsgebühren erhoben werden oder diese sich nicht nach dem Streitwert richten.[1]

In einem Ordnungsgeldverfahren wird zwar eine Gerichtsgebühr erhoben, allerdings eine Festgebühr nach Nr. 2111 GKG-KostVerz. i.H.v. 20,00 EUR. Die Höhe dieser Gebühr ist damit unabhängig vom Wert des Antrags. Einen Streitwert gibt es hier also nicht. Folglich hat das Gericht auch keinen Streitwert festzusetzen.[2]

Solche Festsetzungen, wie sie aber immer wieder vorgenommen werden, sind daher gegenstandslos.[3]

II. Beschwerdemöglichkeit

Ist ein solcher "Streitwertbeschluss" ergangen, fragt es sich, ob dagegen überhaupt Beschwerde eingelegt werden kann.

Da der Beschluss an sich gegenstandslos ist, kann er folglich auch niemanden beschweren, was aber Voraussetzung für eine Beschwerde ist. Daher wird zum Teil von der Rspr. bereits die Beschwerdemöglichkeit abgelehnt.[4]

Die überwiegende Rechtsprechung lässt dagegen eine Beschwerde zu, um zumindest den Rechtsschein eines Wertfestsetzungsbeschlusses zu beseitigen.[5]

 

Praxishinweis

Gegen Streitwertfestsetzungen in Ordnungsgeldverfahren sollte daher grundsätzlich Beschwerde erhoben werden, um den Rechtsschein einer bindenden Wertfestsetzung von vornherein zu beseitigen.

III. Gegenstandswert der Anwaltsgebühren

Im Gegensatz zu den Gerichtsgebühren berechnen sich die Anwaltsgebühren in Ordnungsgeldverfahren allerdings nach dem Wert, nämlich nach dem Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1 RVG). Hier werden Wertgebühren erhoben, und zwar nach den Nrn. 3309 ff. VV. Es entsteht eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV und, wenn es zu einem Termin zur mündlichen Verhandlung kommt, auch eine 0,3-Terminsgebühr nach Nr. 3310 VV.

Da keine Gerichtsgebühren anfallen, greift insoweit nicht die Vorschrift des § 23 Abs. 1 RVG. Wenn es im gerichtlichen Verfahren keinen Streitwert gibt, kann dieser auch nicht für die Anwaltsgebühren gelten. Die regelmäßige Berufung der Gerichte – wie hier anfangs auch geschehen – auf die Wertvorschrift des § 3 ZPO ist daher schlichtweg unsinnig.

Vielmehr ist die vorrangige spezielle Regelung des § 25 RVG für die Gegenstandswerte in der Zwangsvollstreckung anzuwenden. Danach bemisst sich der Gegenstandswert nach dem Wert, den die Duldung oder Unterlassung für den Antragsteller hat.

Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung ist damit der Wert des Unterlassungsanspruchs, also des Hauptsachean spruchs maßgebend, dessen Durchsetzung das Ordnungsgeldverfahren dient.[6]

So auch die einhellige Auffassung in der Kommentarliteratur.[7]

Demgegenüber wird von einem Teil der Rspr. ein Bruchteil angesetzt.[8]

Diese Rspr. ist jedoch unzutreffend und entbehrt jeder rechtlichen Grundlage. Die gesetzliche Regelung ist eindeutig. Abzustellen ist auf den "Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat" und nicht auf den Wert, den der Verstoß hat.

Argumentiert wird häufig, der Wert des Erfüllungsinteresses sei nur bei der Vollstreckung zur Vornahme einer Handlung nach § 888 Abs. 1 ZPO maßgebend; ein Unterlassungsanspruch unterscheide sich aber von dem auf ein positives Tun gerichteten Anspruch dadurch, dass er nicht durch einen einmaligen Akt endgültig erfüllt werden könne, sondern auf einen Dauerzustand ziele, während dessen die verbotene Handlung nicht vorgenommen werde; das konkrete Vollstreckungsverfahren könne daher niemals dazu führen, dass der Anspruch endgültig erfüllt sei. Vielmehr könne, indem ein in der Vergangenheit liegender Verstoß geahndet werde, nur darauf hingewirkt werden, dass ein solcher Verstoß in Zukunft unterbleibe. Dementsprechend könne auch der Streitwert für das konkrete Vollstreckungsverfahren regelmäßig nur einen Bruchteil des Hauptsachestreitwerts ausmachen.[9]

Diese Argumentation ist schon deshalb unzutreffend, weil die gesetzliche Regelung des § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG keinen Unterschied zwischen den Werten einer zu erwirkenden Handlung, Duldung oder Unterlassung macht.

Abgesehen davon hinkt der Vergleich zu § 888 ZPO. Auch die Vollstreckung nach § 888 ZPO führt nicht unbedingt zur Erfüllung. Wenn der Schuldner nicht erfüllt, wird ein zweites Zwangsgeld verhängt und gegebenenfalls noch ein drittes und schließlich Zwangshaft. Auch hier sind wiederholte Vollstreckungen auf Erfüllung möglich, die aber unstreitig keinen Wertabschlag rechtfertigen.

Die Vollstreckung eines Ordnungsgelds dient zudem ausschließlich der Durchsetzung des Hauptanspruchs. Sie ist nicht Strafe, was sich daran zeigt, dass eine Beitreibung nicht mehr zulässig ist, wenn der Unterlassungsanspruch – etwa aufg...

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