Immer wieder bereitet die Gebührenabrechnung Probleme, wenn auf Feststellung geklagt, dann aber im Verfahren der gesamte Leistungsanspruch verglichen wird. Probleme ergeben sich hier sowohl bei der Streitwertfestsetzung als auch bei der Berechnung der Einigungsgebühr.

 

Beispiel

Da der Geschädigte seinen Schaden der Höhe nach noch nicht beziffern kann, der Haftungsgrund aber streitig ist, erhebt er Klage auf Feststellung, dass der Beklagte ihm aus dem betreffenden Ereignis zu 100 % schadenersatzpflichtig ist. Die Höhe der zu erwartenden Schadenersatzansprüche wird mit 30.000,00 EUR beziffert. Das Gericht setzt daraufhin den Streitwert unter Berücksichtigung eines Feststellungsabschlags von 20 % auf 80 % der zu erwartenden Ansprüche, also auf 24.000,00 EUR fest. Im Verlauf des Rechtsstreits bietet der Beklagte an, sich auf der Basis einer 75 %igen Haftung zu einigen. Der Kläger stimmt dem zu. Um einen weiteren Rechtsstreit über die Höhe der einzelnen Positionen zu vermeiden, einigen sich die Parteien dann auch noch über die Höhe der Schadenersatzansprüche und vereinbaren im Wege des schriftlichen Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO, dass der Beklagte zum Ausgleich aller Forderungen aus dem Unfallereignis einen Betrag in Höhe von 20.000,00 EUR zahle.

I. Streitwert

Der Streitwert der Klage war zutreffend mit 24.000,00 EUR festgesetzt worden.

Der Wert des Vergleichs beläuft sich auf 30.000,00 EUR, da maßgebend ist, worüber man sich vergleicht, nicht, worauf man sich einigt. Dass sich der Vergleich nicht nur über die Höhe, sondern auch inzidenter über den Haftungsgrund verhält, ist unerheblich, da insoweit jedenfalls wirtschaftliche Identität besteht und die "Inzidenteinigung" über die Haftungsquote nicht werterhöhend ist, zumal ihr aufgrund des abschließenden Vergleichs keine weitergehende Wirkung zukommt.

II. Verfahrensgebühr

Für die beteiligten Anwälte fällt zunächst eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV aus dem Wert der Klageforderung, also aus 24.000,00 EUR an. Hinzu kommt eine 0,8-Verfahrensgebühr (Nrn. 3100, 3101 VV) aus dem Wert der nicht anhängigen Leistungsansprüche, also aus 30.000,00 EUR. Insgesamt darf der Anwalt gem. § 15 Abs. 3 RVG jedoch keine höhere Gebühr verlangen als eine 1,3-Gebühr aus dem Gesamtwert, wobei hier wiederum zu berücksichtigen ist, dass Feststellung und Leistung wegen wirtschaftlicher Identität nicht addiert werden dürfen. Der Anwalt kann also maximal eine 1,3-Gebühr aus 30.000,00 EUR verlangen.

 
Praxis-Beispiel
 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 24.000,00 EUR) 1.024,40 EUR  
2. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 VV (Wert: 30.000,00 EUR) 690,40 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,3 aus 30.000,00 EUR 1.121,90 EUR  

Das LG Frankental war dagegen der Auffassung, die 0,8-Verfahrensgebühr entstehe nur aus der Differenz zwischen Feststellung und Leistung. Das wären hier dann (30.000,00 EUR – 24.000,00 EUR =) 6.000,00 EUR. Im Ergebnis macht dies wegen § 15 Abs. 3 RVG keinen Unterschied.

 
Praxis-Beispiel
 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 24.000,00 EUR) 1.024,40 EUR  
2. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 VV (Wert: 6.000,00 EUR) 283,20 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,3 aus 30.000,00 EUR   1.121,90 EUR

III. Terminsgebühr

Die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV) entsteht zu 1,2 aus dem Gesamtwert von 30.000,00 EUR. Die Terminsgebühr entsteht auch bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs (Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV). Insoweit ist unerheblich, ob die Gegenstände, über die die Parteien sich verglichen haben, anhängig waren oder nicht. Die Terminsgebühr entsteht auch aus dem nicht anhängigen Mehrwert.[1] Auch hier kommt dem Feststellungsantrag gegenüber dem Leistungsantrag kein zusätzlicher Wert zu, da wirtschaftliche Identität besteht und somit die Gebühr insgesamt nur einmal aus 30.000,00 EUR verlangt werden kann.

 
Praxis-Beispiel
 
  1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 30.000,00 EUR)   1.035,60 EUR

IV.

Hier ist die Abrechnung problematischer.

Unstrittig dürfte sein, dass hinsichtlich des Haftungsgrundes lediglich eine 1,0-Einigungsgebühr (Nrn. 1000, 1003 VV) angefallen ist, da der Haftungsgrund im Wege der Feststellungsklage anhängig war.

Hinsichtlich des Leistungsantrags wird zum Teil – ebenso wie hier vom LG – die Auffassung vertreten, auch insoweit sei nur eine 1,0-Einigungsgebühr angefallen, weil die Rechtshängigkeit des Feststellungsantrags auch die Anhängigkeit des Leistungsanspruchs bewirke.[2] Das ergebe sich schon daraus, dass der Feststellungsantrag auch die Verjährung des Leistungsantrags hemme. Auch die Rechtsgedanken der §§ 256 Abs. 2, 264 Nr. 2 ZPO sprächen hierfür. Da nach wäre insgesamt eine 1,0-Einigungsgebühr aus 30.000,00 EUR zu berechnen:

 
Praxis-Beispiel
 
1,0-Einigungsgebühr (Wert: 30.000,00 EUR) 863,00 EUR

Nach Auffassung von Müller-Rabe[3] ist insoweit nicht von einer Anhängigkeit auszugehen, als der Wert des Leistungsanspruchs den Wert des Feststellungsantrags übersteigt. Danach wäre aus 80 % Feststellungsinteresse eine 1,0-Gebühr...

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