Das Gericht schließt sich insoweit der Rechtsauffassung der Beklagten und der Rechtspflegerin an.

a) Zwar sind gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO die Reisekosten eines bezirksansässigen Rechtsanwalts stets, die Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts jedoch lediglich insoweit erstattungsfähig, als seine Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war.

§ 91 Abs. 2 S. 1 ZPO bezieht sich aber gerade nicht auf den wohnortsansässigen, sondern auf den im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalt. Dementsprechend ist zu konstatieren, dass gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO der Rechtsuchende grundsätzlich nicht gehalten ist, mit der Rechtsverfolgung einen innerhalb seines Wohnortes sitzenden Rechtsanwalt zu mandatieren. Grundsätzlich ist es ihm, ohne Erfordernis einer Notwendigkeitsprüfung, gestattet, sich einen Anwalt innerhalb des Gerichtsbezirkes zu suchen. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung ist im Einzelfall erst dann zu prüfen, wenn der Anwalt weder im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist noch am Ort des Prozessgerichts wohnt (Jaspersen/Wache, in Beck´scher Online-Kommentar ZPO, Hrsg: Vorwerk/Wolf, Stand; 15.9.2014, § 91, Rn 168; Lackmann, in: Musielak, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 91 Rn 17; LG Krefeld, Beschl. v. 30.11.2010 – 5 O 384/09; LG Krefeld, Beschl. v. 26.3.2014 – 2 O 294/13).

Dies entspricht der Regelung des § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO und ist im Übrigen auch im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe schon lange std. Rspr. und entspricht dementsprechend auch der Regelung des § 121 Abs. 3 ZPO. So sind dem beigeordneten Rechtsanwalt Reisekosten, die dadurch entstehen, dass der im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassene Rechtsanwalt seine Kanzlei oder Wohnung nicht am Gerichtsort unterhält, grundsätzlich immer zu erstatten (Reichling, in: Beck´scher Online-Kommentar ZPO, § 121 Rn 33). Auch § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO nimmt insoweit ausdrücklich Bezug auf den Bezirk des Prozessgerichts. Erst wenn dieser verlassen wird, kommt es auf die Notwendigkeit seiner Mandatierung an.

b) Nicht überzeugen kann daher die Rechtsauffassung, dass auch die Reisekosten des bezirksansässigen Rechtsanwalts analog § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO einer Notwendigkeitsprüfung unterzogen werden müssen, da dies dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des spezielleren § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO widerspricht und eine auszufüllende Regelungslücke nicht gegeben ist (LG Gera, Beschl. v. 5.6.2013 – 2 O 1640/11).

Damit ist festzuhalten, dass der außerhalb des Gerichts- oder Wohnorts, aber innerhalb des Gerichtsbezirks ansässige Rechtsanwalt seine Reisekosten ohne Notwendigkeitsprüfung verlangen kann.

c) Würde man aber diesem Prozessbevollmächtigten innerhalb des Gerichtsbezirkes Reisekosten bis zur Bezirksgrenze ohne Notwendigkeitsprüfung zusprechen, dem gänzlich auswärtigen Anwalt, wie es vorliegend der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ist, indes nicht einmal diesen anteiligen Betrag, so wäre dieser grundlos schlechter gestellt. Würde man § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO so verstehen käme man zu dem merkwürdig anmutenden Ergebnis, dass eine Partei sich ohne weiteres – auch in großen Gerichtsbezirken – einen Anwalt am äußersten Ende des Bezirkes suchen dürfte und dessen Reisekosten voll verlangen kann, nicht aber einen möglicherweise sogar näher liegenden Anwalt außerhalb des Gerichtsbezirks, weil sie dessen Reisekosten gar nicht ansetzen, allenfalls fiktiv vom Gericht bis zu ihrem Wohnort ansetzen könnte.

Daher ist das Kriterium der Notwendigkeit i.S.v. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO für auswärtige Rechtsanwälte so auszulegen, dass zumindest die Fahrtkosten bis zur Gerichtsbezirksgrenze als erforderlich anzusehen und ohne Notwendigkeitsprüfung zuzusprechen sind (AG Marbach, Beschl. v. 6.11.2013 – 3 C 32/12; AG Kiel, Beschl. v. 14.2.2013 – 59 F 12/11; Jaspersen/Wache, in: Beck'scher Online-KommentarZPO, § 91 Rn 168).

Genau dies begehren die Prozessbevollmächtigten der Beklagten vorliegend, so dass gegen die entsprechende Kostenfestsetzung der zuständigen Rechtspflegerin keine Einwände bestehen.

d) Dem steht auch die von Klägerseite zitierte Rspr. des BGH, insbesondere nicht die Entscheidung v. 20.12.2011 (XI ZB 13/11 [= AGS 2012, 43]) entgegen. Dort hat der BGH zwar die über den zuerkannten Betrag hinaus geltend gemachten Reisekosten bis zum Sitz des Anwalts als nicht erstattungsfähig angesehen, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig waren, jedoch befasst sich der BGH hier gar nicht mit der Frage, ob alternativ die Kosten bis zur Bezirksgrenze angesetzt werden können, da solche nicht begehrt wurden.

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