Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der in § 122 GVG vorgeschriebenen Besetzung, nachdem die Einzelrichterin die Sache wegen der grundsätzlichen Bedeutung gem. § 76 Abs. 2 FamFG, § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO auf den Gesamtspruchkörper übertragen hat.

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 76 Abs. 2 FamFG, § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden.

Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Das AG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass für die Frage, ob dem Antragsteller vorliegend ein Rechtsanwalt beigeordnet werden kann, § 78 Abs. 2 FamFG zur Anwendung kommt.

Ein vom Scheidungsverbund nach altem Recht abgetrenntes Verfahren zum Versorgungsausgleich wird nach Wiederaufnahme nach dem 1.9.2009 als "selbstständige Familiensache" fortgeführt und verliert seine Eigenschaft als Folgesache (BGH, XII ZB 261/10, Beschl. v. 16.2.2011, FamRZ 2011, 635 [= AGS 2011, 167]). Demgemäß entfällt auch die Erstreckung der nach § 624 Abs. 2 ZPO a.F. bewilligten Prozesskostenhilfe für das neue, nunmehr selbstständige Verfahren über den Versorgungsausgleich, für das deshalb erneut Verfahrenskostenhilfe beantragt und bewilligt werden muss. Da für selbstständige Versorgungsausgleichssachen dem Wortlaut des § 114 Abs. 1 FamFG gem. kein Anwaltszwang besteht, richtet sich Beiordnung eines Rechtsanwaltes nach § 78 Abs. 2 FamFG (BGH, a.a.O.).

Nach § 78 Abs. 2 FamFG wird dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.

Ob dies der Fall ist, beurteilt sich grundsätzlich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles. Entscheidend ist darauf abzustellen, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (BVerfG NJW-RR 2007, 1713). Maßgebend sind dabei neben Umfang und Schwierigkeit der konkreten Sache auch die Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken. Für einen Beteiligten kann sich ein Verfahren allein wegen einer schwierigen Sachlage oder allein wegen einer solchen Rechtslage so kompliziert darstellen, dass auch ein bemittelter Beteiligter einen Rechtsanwalt hinzuziehen würde. Darüber hinaus kann sich die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwaltes auch nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten beurteilen (BGH, XII ZB 232/09, Beschl. v. 23.6.2010, FamRZ 2010, 1427 [= AGS 2010, 446]; BGH, XII ZB 218/11, Beschl. v. 13.6.2012, FamRZ 2012, 1290 [= AGS 2012, 475]). Eine Herausbildung von Regeln, nach denen der mittellosen Partei für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, ist aufgrund der einzelfallbezogenen Betrachtung nach der Rspr. des BGH allerdings nur in engen Grenzen zulässig (BGH FamRZ 2010, 1427). Gänzlich ausgeschlossen ist dies jedoch nicht. So hält der BGH in Vaterschaftsanfechtungsverfahren aufgrund der Schwierigkeit der Rechtslage regelmäßig die Beiordnung eines Rechtsanwaltes für geboten (BGH FamRZ 2012, 1290 [= AGS 2012, 475]).

Gemessen an diesen Grundsätzen hält der Senat vorliegend die Voraussetzungen einer Beiordnung für gegeben, ohne dass es auf die konkreten subjektiven Fähigkeiten des Antragstellers ankommt. Es ist auch nicht von Bedeutung, ob das Verfahren im Vergleich zu anderen Versorgungsausgleichsverfahren keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, weil nur Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung im Raum stehen und der Versicherungsverlauf geklärt ist. Vielmehr ist in Versorgungsausgleichsverfahren regelmäßig von einer schwierigen Rechtslage i.S.v. § 78 Abs. 2 FamFG auszugehen, so dass es gerechtfertigt ist, auch in diesen Verfahren, ebenso wie in Vaterschaftsanfechtungsverfahren und abweichend von der im Regelfall gebotenen Einzelfallprüfung, grundsätzlich von einer Erforderlichkeit der Beiordnung auszugehen (so auch OLG Jena – 1 WF 646/12, NJW-Spezial 2013, 93 [= AGS 2013, 22]; vgl. auch OLG Naumburg – 3 WF 154/11; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, 3. Aufl., § 78 Rn 14; Thiel, AGS 2013, 23).

Die Schwierigkeit der Rechtslage ergibt sich in den Versorgungsausgleichsverfahren, unabhängig von der konkreten Problematik des jeweiligen Einzelfalles, bereits aus der Kompliziertheit der Materie (Gutjahr in: Verfahrenshandbuch Familiensachen, 2. Aufl., § 6 Rn 23). Jeder Entscheidung über den Versorgungsausgleich liegen Auskünfte und Berechnungen der Versorgungsträger zugrunde, die es zu prüfen gilt. Diese Prüfung ist für einen juristischen Laien, unabhängig von seinen subjektiven Fähigkeiten, ohne Vorkenntnisse in der Regel nicht zu bewerkstelligen, sondern bedarf besonderer Sachkunde. Auch die weiteren im Versorgungsausgleichsverfahren regelmäßig zu prüfenden Gesichtspunkte, so etwa die Frage der Anwendung des § 18 VersAusglG, sind ohne besondere Kenntnisse der Materie von einem Laien nicht zu überblicken (vergl....

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