FamGKG §§ 41, 34, 51

Leitsatz

  1. Der Verfahrenswert eines Verfahrens der einstweiligen Anordnung in Unterhaltssachen entspricht in der Regel nicht dem Wert der Hauptsache. Für die Bemessung des Gegenstandswertes sind die Verhältnisse zu Beginn des Verfahrens maßgeblich. Ob das einstweilige Anordnungsverfahren das Hauptsacheverfahren vorwegnimmt oder ersetzt, kann zu diesem Zeitpunkt in der Regel nicht prognostiziert werden.
  2. Bei Einreichung fällige Beträge sind auch bei einer einstweiligen Anordnung – gegebenenfalls hälftig – zu berücksichtigen.

OLG Bamberg, Beschl. v. 7.11.2011 – 2 WF 300/11

1 Sachverhalt

Das FamG hat den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Zahlung von Ehegattenunterhalt in Höhe von 494,00 EUR verpflichtet und den Verfahrenswert auf 6 x 494,00 EUR = 2.964,00 EUR festgesetzt. Dagegen wendet sich der Rechtsanwalt der Antragstellerin mit seiner Beschwerde, in der er darauf hinweist, dass die einstweilige Anordnung in Unterhaltssachen die Hauptsache überflüssig mache und es deshalb gerechtfertigt sei, nicht den hälftigen, sondern den vollen Hauptsachewert als Gegenstandswert anzusetzen.

2 Aus den Gründen

Die Beschwerde des Rechtsanwalts ist gemäß §§ 59 Abs. 1, 57 FamGKG zulässig.

In der Sache hat sie nur geringen Erfolg. Mit dem Antrag ist Ehegattenunterhalt ab 1.5.2011 geltend gemacht worden. Der einleitende Schriftsatz ist am 31.5.2011 beim FamG eingegangen. Bei dem Unterhalt für Mai 2011 handelt es sich damit um Unterhaltsrückstand (§ 51 Abs. 2 FamGKG), der hier wegen des einstweiligen Anordnungsverfahrens mit der Hälfte (§ 41 FamGKG) hinzuzurechnen ist, so dass sich insgesamt ein Gegenstandswert in der titulierten Höhe errechnet.

Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

Zu der Frage des Gegenstandswerts einstweiliger Anordnungen im Bereich des Unterhalts bestehen unterschiedliche Auffassungen unter den Oberlandesgerichten. Während beispielsweise das OLG Köln (FamRZ 2011, 758 [= AGS 2010, 618]) die Meinung vertritt, dass es bei einstweiligen Anordnungen in diesem Bereich in der Regel bei dem vom § 41 S. 2 FamGKG angeordneten hälftigen Verfahrenswert verbleibt (ebenso OLG Celle FamRZ 2011, 757), vertreten andere Oberlandesgerichte die Auffassung, dass in Unterhaltsverfahren in der Regel ein höherer Wert angesetzt werden muss (OLG Brandenburg FamRZ 2010, 1937 [= AGS 2010, 358]; OLG Düsseldorf NJW 2010, 1385 [= AGS 2010, 105]). Der Senat schließt sich der ersten Auffassung an. Einstweilige Anordnungen im Bereich des Unterhaltsrechts führen keineswegs in der Regel zu einer endgültigen Erledigung des Unterhaltsverfahrens. Die einstweilige Anordnung erwächst nicht in materielle Rechtskraft. Ob und in welchem Umfang tatsächlich Unterhalt geschuldet wird, ist durch die einstweilige Anordnung damit nicht geklärt. Sie kann im Übrigen jederzeit nach Maßgabe des § 54 FamFG abgeändert werden und bleibt auch keineswegs in der Regel über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr bestehen. Oft wird eine ergangene einstweilige Anordnung zum Anlass genommen, entsprechende Hauptsacheverfahren einzuleiten, um den tatsächlichen Umfang der Unterhaltspflicht rechtsverbindlich zu klären. Damit kann nicht davon ausgegangen werden, dass einer einstweiligen Anordnung im Bereich des Unterhaltsrechts generell die Wirkung einer Hauptsacheentscheidung gleichkommt.

Auch in dem vorliegenden Verfahren sind dafür keine Anhaltspunkte vorhanden. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Anerkenntnis des Antragsgegners. Nachdem es in einem einstweiligen Anordnungsverfahren ergangen ist, kommt der daraus abgeleiteten Entscheidung keine materielle Rechtskraftwirkung zu. Im Übrigen ist die Art der Erledigung des Verfahrens für die Bemessung des Gegenstandswerts unerheblich, weil nach § 34 FamGKG nur die Verhältnisse zu Beginn des Verfahrens maßgeblich sind.

3 Anmerkung

Zu Leitsatz 1)

Zutreffend ist, dass nach § 34 S. 1 FamGKG auf den Zeitpunkt der Antragseinreichung abzustellen ist.

Es ist also bei Antragseinreichung danach zu fragen, ob die Parteien davon ausgehen, dass das einstweilige Anordnungsverfahren die Hauptsache ersetzen wird.[1] Das ist in der Regel dann anzunehmen, wenn eine isolierte einstweilige Anordnung beantragt wird. Damit gibt der Antragsteller zu erkennen, dass er der Auffassung ist, nicht das Hauptsacheverfahren zu benötigen, sondern die Sache im einstweiligen Anordnungsverfahren erledigt zu bekommen.

Darüber hinaus spricht ohnehin schon gegen die geringere Bedeutung, dass hier im Gegensatz zu sonstigen einstweiligen Anordnungen (§§ 49 ff. FamFG) keine vorläufige Sicherung oder Regelung beantragt wird, sondern dass hier der Hauptsacheanspruch geltend gemacht wird (§ 246 FamFG).

Zu Leitsatz 2)

Insoweit ist die Entscheidung zutreffend. Geht man von der Hälfte der Hauptsache aus, dann muss man auch die Hälfte der fälligen Beträge berücksichtigen. Dies ist zwar einhellige Rspr.,[2] wird von den Amtsgerichten jedoch leider durchweg ignoriert.

 

Hinweis

Der Anwalt sollte unbedingt darauf achten, dass bei der einstweiligen Anordnung auch fällige Beträge – gegebe...

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