Unter Geltung der §§ 73 ff. StGB n.F. sei weiter umstritten, welche anwaltliche Tätigkeit zum Anfall der Gebührenvorschrift der Nr. 4142 VV führe. Nach der (zutreffenden) ganz h.M. genüge für die Gebührenentstehung jede Tätigkeit des Rechtsanwalts, die dieser im Zusammenhang mit der Einziehung erbringt. Danach werde die Gebühr bereits durch die außergerichtliche nur beratende Tätigkeit des Rechtsanwalts ausgelöst; die Gebühr Nr. 4142 VV setze keine gerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwaltes voraus (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 14.2.2020 – 1 Ws 40/20, RVGreport 2020, 227; OLG Braunschweig, Beschl. v. 1.3.2022 — 1 Ws 38/22, AGS 2022, 221; LG Amberg, Beschl. v. 29.5.2019 – 12 KLs. 107 Js 2871/18; LG Chemnitz, Beschl. v. 9.1.2020 – 4 KL 310 Js 40553/18; AG Mainz, Beschl. v. 28.5.2019 – 402 Ls 3444 Js 80146/17; Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., VV 4142 Rn 12; m.w.N.; a.A. KG NStZ-RR 2008, 391, 392; Beschl. v. 25.10.2019 – 1 Ws 86/19, RVGreport 2020, 20; Beschl. v. 8.11.2019 – 1 Ws 53/19).

Allerdings komme auch unter Zugrundelegung der vorgenannten h.M. ein Gebührenfall nur in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Beratung eine Einziehung "in Betracht kam" (so LG Amberg, a.a.O.: Beschl. v. 31.5.2019 – 11 KLs 106 Js 7350/18) bzw. "nach Aktenlage geboten" war, "ernsthaft in Betracht kam" (so LG Chemnitz, a.a.O.) bzw. "nahelag" (so OLG Dresden, a.a.O.). Hiervon sei immer dann auszugehen, wenn aufgrund der Aktenlage mit einem Einziehungsantrag in der Hauptverhandlung zu rechnen war oder weil in der Anklage die Einziehung beantragt worden ist (vgl. hierzu Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., VV 4142 Rn 12).

Für die Bewertung der Notwendigkeit einer betreffend einer Einziehung gerichteten Beratung kommt es – so das LG – nicht darauf an, ob die Einziehung in der Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft nicht beantragt wurde, die Anklage unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen wurde und das Gericht den Angeklagten zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen hat, dass er seine Verteidigung darauf einzurichten habe, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Betracht komme. Die Kammer folge insoweit der Entscheidung des KG vom 30.6.2021 (1 Ws 16/21) sowie den vorgenannten Entscheidungen des KG insgesamt nicht, da das erkennende Gericht die Einziehungsentscheidung von Amts wegen treffen müsse. Soweit eine Einziehungsentscheidung nach Aktenlage in Betracht komme, sei ein entsprechender Antrag oder gerichtlicher Hinweis bis zum Schluss der Beweisaufnahme zu erwarten, weil die Einziehung insoweit nach Neufassung der §§ 73 ff. StGB nunmehr obligatorisch sei. Insoweit sei aus Sicht des Verteidigers auch im Verlauf des Verfahrens damit zu rechnen, dass ein zunächst unterbliebener Antrag zur Einziehung in der Anklageschrift sowie bei Eröffnung des Hauptverfahrens in der Hauptverhandlung erfolgen kann, sodass eine hierauf entsprechende Verteidigung und Beratung nicht erst im Falle des Hinweises, sondern schon vor Eröffnung des Hauptverfahrens erforderlich sei, was bei einer lebensnahen .Betrachtungsweise auch zur gewissenhaften Erfüllung der Tätigkeit eines Verteidiger gehöre.

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