Nrn. 1002, 1003, 3104, 3202 VV RVG; §§ 151, 162 Abs. 1 und 2, 165, 146, 147 VwGO

Leitsatz

  1. Legt der Prozessbevollmächtigte eine Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss in der "Ich-Form" ein und rügt er gleichzeitig eine Rechtsverletzung des Mandanten, ist die Erinnerung nicht im eigenen Namen des Prozessbevollmächtigten, sondern als im Namen des Mandanten eingelegt anzusehen.
  2. Führt das Gericht mit den (Verfahrensbevollmächtigten der) Verfahrensbeteiligten außerhalb eines Termins jeweils in getrennten Telefonaten eine Besprechung zur Sach- und Rechtslage, fällt eine Terminsgebühr hierfür jedenfalls dann nicht an, wenn keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass eine vom Gericht lediglich vermittelte Besprechung des einen Prozessbevollmächtigten mit der Gegenseite über den sachlichen Gegenstand des Verfahrens stattgefunden hat.
  3. Die für den Anfall der Erledigungsgebühr nach Nrn. 1002, 1003 VV erforderliche Mitwirkung liegt dann nicht vor, wenn die materielle Erledigung der Rechtssache allein aufgrund eines gerichtlichen Hinweises eintritt, ohne dass sich anwaltliche Bemühungen noch ausgewirkt haben.

OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.9.2021 – 13 OA 362/21

I. Sachverhalt

In einem vor dem VG Osnabrück geführten Eilverfahren erstrebte die Antragstellerin erfolglos die Zuweisung eines zeitnahen Impftermins. Auf die von der Antragstellerin gegen die erstinstanzliche Entscheidung gerichtete Beschwerde hat der Berichterstatter des OVG Lüneburg im Eilbeschwerdeverfahren im Zeitraum vom 24. bis 26.3.2021 mit den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten mehrere getrennte Telefonate geführt. Bereits die mit dem Antragsgegnervertreter geführten Telefongespräche haben letztlich zu einer Abhilfe in der Sache durch diesen insoweit geführt, als der Antragstellerin ein zeitnaher Impftermin (am 29.3.2021) zugewiesen wurde. Im Anschluss hieran haben die Beteiligten schriftsätzlich den Eilrechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem diese sich hinsichtlich der Kosten auf eine hälftige Kostenteilung geeinigt und diese Vereinbarung dem Senat mitgeteilt hatten. Das OVG Lüneburg hat hieraufhin eine entsprechende Kostenentscheidung erlassen.

Auf den Kostenfestsetzungsantrag der Antragstellerin hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des VG Osnabrück in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21.7.2021 die von der Antragsgegnerin an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten festgesetzt und hierbei lediglich (hälftig) für die erste Instanz eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV und für die Beschwerdeinstanz eine 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV festgesetzt. Den weitergehenden Antrag auf Festsetzung auch einer (zweitinstanzlichen) Terminsgebühr nach Nrn. 3202, 3104 VV und einer Erledigungsgebühr nach Nrn. 1003, 1002 VV hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hingegen zurückgewiesen.

Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin unter dem 29.7.2021 einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Erinnerung) eingereicht. In diesem Schriftsatz hat der Verfahrensbevollmächtigte unter Verwendung der ersten Person Singular den Antrag wie folgt formuliert:

Zitat

"... beantrage ich hiermit die Entscheidung des Gerichts".

Bereits im ersten Satz der Begründung der Erinnerung wird eine aus dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss resultierende Rechtsverletzung der Antragstellerin gerügt.

Nachdem der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Erinnerung) nicht abgeholfen hat, hat das VG Osnabrück die Erinnerung zurückgewiesen und dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens auferlegt. Dies hat das VG damit begründet, der Rechtsanwalt habe die Erinnerung im eigenen Namen eingelegt, obwohl er durch den Kostenfestsetzungsbeschluss nicht beschwert ist.

Gegen diesen Beschluss des VG Osnabrück haben sowohl der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin als auch die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde des Rechtsanwalts hatte Erfolg, wohingegen das OVG Lüneburg die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen hat.

II. Keine Erinnerung des Prozessbevollmächtigten im eigenen Namen

Nach Auffassung des OVG Lüneburg hat das VG Osnabrück den Erinnerungsschriftsatz der Antragstellerin vom 29.7.2021 zu Unrecht als einen Antrag ihres Prozessbevollmächtigen auf gerichtliche Entscheidung in eigener Sache des Rechtsanwalts ausgelegt. Bei verständiger Auslegung dieses Schriftsatzes sei hierfür kein Raum. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Prozessbevollmächtigte den Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Erinnerung) im Namen der ihn bevollmächtigenden Antragstellerin erhoben hat, um deren vermeintliche über die bisher festgesetzten Kosten hinausgehenden Kostenerstattungsansprüche gegen den Antragsgegner geltend zu machen. Hierauf deute schon der erste Satz der Begründung des Schriftsatzes hin, mit dem eine aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss resultierende Rechtsverletzung der Antragstellerin gerügt werde. Demgegenüber sei die Verwendung der ersten Person Si...

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