Der Kläger war bei der Beklagten beschäftigt. Zuletzt erzielte er ein durchschnittliches monatliches Arbeitsentgelt i.H.v. 3.260,83 EUR brutto. Mit Schreiben vom 21.6.2017 kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.12.2017. Eine Freistellung des Klägers erklärte die Beklagte in dem Kündigungsschreiben nicht.

Mit seiner Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der durch die Beklagte ausgesprochenen Kündigung v. 21.6.2017 geltend gemacht. Mit dem verfahrensbeendenden Vergleich vom 26.7.2017 vereinbarten die Parteien unter anderem folgendes:

 
Hinweis

"3. Die Beklagte stellt den Kläger mit Wirkung ab dem 1.7.2017 unter Fortzahlung der Vergütung unwiderruflich von der Verpflichtung zur Erbringung einer Arbeitsleistung frei. Die Freistellung erfolgt unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche sowie etwaige Ansprüche aus Zeitguthaben."

[…]

6. Die Beklagte erteilt dem Kläger unter dem Ausstellungsdatum der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein wohlwollendes und berufsförderndes Arbeitszeugnis mit einer guten Leistungs- und Führungsbeurteilung und den üblichen Schlussformulierungen (Bedauern, Dank und gute Wünsche). Bis zum 11.8.2017 erteilt die Beklagte dem Kläger ein Zwischenzeugnis mit einer guten Leistungs- und Führungsbeurteilung.“

Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das ArbG den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit durch Beschl. v. 3.8.2017 für das Verfahren auf 9.782,49 EUR sowie den überschießenden Vergleichsmehrwert auf 6.521,66 EUR festgesetzt. Dieser Beschluss wurde entsprechend der richterlichen Verfügung ausschließlich den Prozessbevollmächtigten des Klägers und nicht diesem persönlich zugestellt. Die Zustellung bei den Prozessbevollmächtigten des Klägers erfolgte am 9.8.2017.

Gegen den Wertfestsetzungsbeschluss hat der Kläger durch Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 7.9.2017, eingegangen beim ArbG am 11.9.2017, sofortige Beschwerde im Hinblick auf die Festsetzung des übersteigenden Vergleichsmehrwerts eingelegt. Ein überschießender Vergleichsmehrwert für eine zwischen den Parteien vereinbarte Freistellung sei nicht festzusetzen, wenn sich keine der Streitparteien eines Anspruches auf bzw. eines Rechts zur Freistellung berühme. Hinsichtlich des Arbeitszeugnisses sei allenfalls ein Streitwert in Höhe des so genannten Titulierungsinteresses, nicht jedoch ein volles Bruttomonatsgehalt in Ansatz zu bringen.

Das ArbG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem LAG zur Entscheidung vorgelegt. Die sofortige Beschwerde sei unzulässig, da der Beschwerdeführer die zweiwöchige Beschwerdefrist gem. § 33 Abs. 3 S. 3 RVG nicht eingehalten habe. Zudem sei die Beschwerde unbegründet. Sowohl für die Vereinbarung der Freistellung wie auch für die Vereinbarung der Erteilung eines Arbeitszeugnisses mit einer bestimmten Note sei als überschießender Vergleichsmehrwert jeweils ein Bruttomonatsgehalt festzusetzen gewesen. Der sich im Streitwertkatalog der Arbeitsgerichtsbarkeit enthaltenden Auffassung, dass eine in einem Vergleich vereinbarte Freistellung lediglich dann mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten sei, wenn sich eine Partei eines Anspruches auf oder eines Rechts zur Freistellung berühmt habe, sei nicht zu folgen. Zudem sei diese Voraussetzung vorliegend ohnehin erfüllt. Denn ohne den vorliegend erfolgten Vergleichsabschluss wäre der Kläger zur Erbringung seiner Arbeitsleistung verpflichtet gewesen. Aus dem Umstand, dass die Parteien durch die Vereinbarung einer Freistellung einen hiervon abweichenden Zustand vereinbart haben, könne der Rückschluss gezogen werden, dass der Kläger eine Forderung nach einer Freistellung erhoben haben müsse, welcher die Beklagte schließlich im Wege des gegenseitigen Nachgebens im Rahmen des Vergleichsabschlusses entsprochen haben müsse. Die Bewertung einer Verständigung auf die Erteilung eines Arbeitszeugnisses mit einer bestimmten Note mit einem Bruttomonatsgehalt sei angemessen. Es sei vorliegend nicht lediglich ein Titulierungsinteresse anzunehmen, da sich weder der Akte noch den dem Gericht erkennbar gewordenen Umständen entnehmen lasse, dass der Zeugnisinhalt so wie konkret im Hinblick auf die Note und die Abschlussformel vereinbart, bereits vor Abschluss des Vergleiches zwischen den Parteien unstreitig gewesen sei.

Mit Hinweisbeschluss hat das LAG die Beteiligten unter anderem darauf hingewiesen, dass ein überschießender Vergleichsmehrwert hinsichtlich der Vereinbarung der Freistellung des Klägers in Ziffer 3 des Vergleichs lediglich angenommen werden könne, wenn zwischen den Parteien bereits vor Abschluss des Vergleiches ein Streit oder eine Ungewissheit hinsichtlich eines möglichen Freistellungsanspruchs des Klägers bzw. hinsichtlich eines etwaigen Freistellungsrechts der Beklagten bestanden haben sollte. Hierauf erfolgte durch die Beteiligten innerhalb der gesetzten Frist keine Stellungnahme.

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