Leitsatz

In Verfahren auf Eintragung einer Zwangshypothek ist einem bedürftigen Gläubiger grundsätzlich ein Rechtsanwalt als Verfahrensbevollmächtigter beizuordnen. Das gilt insbesondere dann, wenn die einzutragende Zwangshypothek auf mehrere Grundstücke zu verteilen ist.

OLG München, Beschl. v. 2.10.2015 – 34 Wx 294/15

1 Sachverhalt

Der Gläubiger hatte mit Schriftsätzen seiner Verfahrensbevollmächtigten aufgrund einer mit gerichtlichem Vergleich titulierten Forderung beim Grundbuchamt die Eintragung einer verteilten Zwangshypothek in den Grundbesitz des Vollstreckungsschuldners beantragt. Zugleich ersuchte er um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung. Das Grundbuchamt nahm die Eintragung vor, versagte jedoch mit Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beteiligten die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe. Der gegen die ablehnende Entscheidung gerichteten Beschwerde des Beteiligten half das Grundbuchamt insoweit ab, als es Verfahrenskostenhilfe bewilligte, allerdings ohne Anwaltsbeiordnung. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts sei nicht erforderlich, denn die Sache weise keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf; der Antrag und die Verteilungserklärung bedürften nur einer formlosen Erklärung. Die Verteilung einer verzinslichen Hauptforderung auf zwei Flurstücke, die auf demselben Grundbuchblatt gebucht seien, stelle sich als einfache Angelegenheit dar.

Der Beteiligte hält an seinem Rechtsmittel fest und begründet es damit, dass die Beiordnung eines Rechtsanwalts in Zwangsvollstreckungsangelegenheiten, insbesondere solchen mit Grundbuchbezug, in der Rspr. überwiegend für erforderlich angesehen werde.

2 Aus den Gründen

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zur beantragten Beiordnung des vom Beteiligten ausgewählten und zur Vertretung bereiten Rechtsanwalts.

Zum Anspruch der bedürftigen Partei auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe zur Rechtsdurchsetzung gehört auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts in den Fällen, in denen eine anwaltliche Vertretung vorgeschrieben ist oder erforderlich erscheint, vgl. § 121 Abs. 1 u. 2 ZPO, § 78 Abs. 1 und 2 FamFG (Zempel/Völker, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 7. Aufl. § 121 Rn 2). Für den Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek (§ 867 ZPO) ist eine Anwaltsbeiordnung zwar nicht vorgeschrieben (vgl. § 10 Abs. 1 FamFG; Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 867 Rn 2). Sie war hier aber zur sachgerechten Rechtsdurchsetzung erforderlich und ist, da der Anwalt auch tatsächlich im Verfahren tätig geworden ist, trotz zwischenzeitlicher Verfahrensbeendigung nachträglich vorzunehmen (Zempel/Völker, in: Prütting/Gehrlein § 121 Rn 6).

Maßgeblich für die Beurteilung der Erforderlichkeit sind die konkreten Umstände des Einzelfalls (BGH FamRZ 2010, 288 [= AGS 2010, 243]). Ob eine Beiordnung erforderlich ist, hängt sowohl von der Schwierigkeit der im konkreten Fall zu bewältigenden Rechtsmaterie als auch von den persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen des Rechtsuchenden ab (BGH a.a.O.; Senat v. 13.9.2013, 34 Wx 358/13 = NJW-RR 2014, 84 [= AGS 2013, 591]; OLG Hamm, Rpfleger 2012, 23; KG Rpfleger 2012, 552; Zempel/Völker, in: Prütting/Gehrlein, § 121 Rn 4 f. sowie Rn 17; Zöller/Geimer, § 121 Rn 7; Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 121 Rn 11; Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 121 Rn 8).

Im Verfahren auf Eintragung einer Zwangshypothek (§ 867 Abs. 1 ZPO), zumal auf mehreren Flurstücken, kommt bei bewilligter Verfahrenskostenhilfe schon deshalb regelmäßig auch die Anwaltsbeiordnung in Betracht, weil es sich um keine einfache Rechtsmaterie handelt. Die Eintragung einer Zwangshypothek erfordert als Maßnahme der Zwangsvollstreckung, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen und nachgewiesen sind. Daneben stellt die Eintragung verfahrensrechtlich ein Grundbuchgeschäft dar, weshalb die besonderen Verfahrensgrundsätze der Grundbuchordnung einzuhalten sind (Zöller/Stöber, § 867 Rn 1 m.w.N.; Demharter, GBO, 29. Aufl., Anh. zu § 44 Rn 69). Schon das Zusammenwirken der grundbuchrechtlichen und zivilprozessualen Vorschriften ist für einen juristischen Laien nicht ohne Weiteres, erst recht nicht in angemessener Zeit, zu durchdringen. Darüber hinaus ist für die Belastung mehrerer Flurstücke wegen des Verbots der Gesamthypothek (§ 867 Abs. 2 ZPO) eine Erklärung des Gläubigers über die Verteilung der Forderung auf die einzelnen Grundstücke erforderlich. Auch wenn die Rechtsantragsstelle dazu sachgerechte Hilfe und insbesondere Formulierungshilfe geben kann, kommt es in diesem Zusammenhang auch auf eine fachkundige und unabhängige Beratung an, weil die Konsequenzen der Verteilung im Hinblick auf die weitere Vollstreckung nicht ohne Weiteres überblickt werden können. Die Gefahr, wegen fehlerhafter Antragstellung einen Rangverlust zu erleiden und damit die Aussicht auf Realisierung der titulierten Forderung zu schmälern, liegt auf der Hand. Sie bestand auch hier ganz konkret. Der Grundbesitz des Schuldners ist zugunsten verschiedener Gläubiger mit vor- und nachrangigen Zwangshypotheken belastet; eine z...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge