Leitsatz

Für einen Vergleichsmehrwert, für den Prozesskostenhilfe bewilligt ist, steht dem beigeordneten Rechtsanwalt eine 1,0-fache Einigungsgebühr zu, es sei denn, es wäre Prozesskostenhilfe nur für die bloße Beurkundung des Vergleichs beantragt worden. Es kommt (also) nicht darauf an, dass die nicht rechtshängigen Gegenstände schon Bestandteil eines isolierten Prozesskostenhilfebewilligungsverfahrens sind, sondern es schadet jedwedes Involviertsein solcher Gegenstände im Rahmen eines Prozesskostenhilfebewilligungsverfahrens außer einem bloßen Antrag auf Vergleichsprotokollierung.

LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 17.9.2014 – 5 Ta 98/14

1 Sachverhalt

Im Ausgangsverfahren wandte sich der Kläger gegen eine fristlose Arbeitgeberkündigung und begehrte die Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses bis 31.7.2013. Im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage im Gütetermin zeichnete sich ein Vergleich ab, der noch von einigen abzuklärenden Punkten abhing.

Das ArbG bewilligte dem Kläger ratenzahlungsfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für die Klaganträge und stellte gem. § 278 Abs. 6 ZPO das Zustandekommen eines Vergleichs fest, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund Eigenkündigung des Klägers geendet hat und diverse nicht rechtshängige Ansprüche miterledigt wurden. Es setzte den Streitwert des Verfahrens auf 1.800,00 EUR und den Vergleichsmehrwert auf 47.488,91 EUR fest.

Der Anwalt des Klägers beantragte daraufhin die Festsetzung seiner Vergütung, darunter einer 1,5-Einigungsgebühr aus dem Mehrwert. Der Urkundsbeamte berücksichtigte jedoch nur eine einheitliche 1,0-Einigungsgebühr.

Nach Zurückweisung der gegen die Entscheidung der Urkundsbeamtin eingelegten Erinnerung durch den Vorsitzenden des ArbG verfolgt der Prozessbevollmächtigte des Klägers sein Begehren mit der Beschwerde weiter. Dieser hat das ArbG nicht abgeholfen, sondern dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen

Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers steht gegen die Staatskasse nur eine 1,0-fache Einigungsgebühr nach Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, 2. Alt. VV und keine 1,5-fache Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV aus dem Vergleichsmehrwert zu.

1. Nach Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 VV entsteht die 1,5-fache Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Nach Nr. 1003 VV betragen die Gebühren nach Nr. 1000 bis 1002 VV 1,0, wenn über den Gegenstand ein anderes gerichtliches Verfahren als ein selbstständiges Beweisverfahren anhängig ist. Nach Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 VV gilt dies auch, wenn ein Verfahren über die Prozesskostenhilfe anhängig ist, soweit nicht lediglich Prozesskostenhilfe für ein selbstständiges Beweisverfahren oder die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt wird oder sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags i.S.d. Nr. 1000 erstreckt (§ 48 Abs. 3 RVG). Dabei stehen die Nrn. 1000, 1003 Eingangssatz i.V.m. Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 und 1003 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 Alt. 1 – 3 VV in einem Verhältnis: Grundsatz (1,5-fach) – Ausnahme (1,0-fach) – Unterausnahme (1,5-fach).

2. Hier liegen die Voraussetzungen der von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers begehrten 2. Alt. der Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VV nicht vor.

a) Diese hat die erkennende Kammer in den von den Beteiligten im Vergütungsfestsetzungsverfahren diskutierten Beschlüssen v. 7.9.2010 – 5 Ta 132/10 – u. v. 5.8.2011 – 5 Ta 123/11 – näher beschrieben.

aa) Im Beschl. v. 7.9.2010 – 5 Ta 132/10 – hat sie, soweit hier von Interesse, ausgeführt:

"Die 2. Alt. in Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 VV erfasst dabei ... nur solche Fallgestaltungen, in denen das Gericht lediglich für die Protokollierung eines bereits vollständig ausgehandelten Vergleichs in Anspruch genommen wird. Sie greift schon dann nicht mehr ein, wenn sich das Gericht inhaltlich mit den nicht rechtshängigen Gegenständen befassen ... muss. ... Wenn das Gericht, wie im Ausgangsfall, letztlich im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Parteien überhaupt erst die notwendigen Anstöße für die gütliche Einigung gerade des nicht rechtshängigen Gegenstands gibt, kann von einer reinen Beurkundungsfunktion des Gerichts nicht mehr die Rede sein" (II 1b der Gründe).

bb) Im Beschl. v. 5.8.2011 – 5 Ta 123/11 – hat sie zur Erläuterung ihrer Ausführungen im Beschl. v. 7.9.2010 – 5 Ta 132/10 – präzisiert:

"Soweit die erkennende Kammer in den hier nicht wiedergegebenen Passagen der Gründe Ausführungen zur Prüfungspflicht des Gerichts betreffend die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung und die fehlende Mutwilligkeit gemacht hat, ... erscheint deshalb der klarstellende Hinweis angezeigt, dass die Ausführungen der erkennenden Kammer unter II 1 b) des Beschl. v. 7.9.2010 – 5 Ta 132/10 – lediglich der Begründung für die Gleichsetzung eines "Verf...

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