BRAK und DAV weisen darauf hin, dass durch die Ankoppelung der Vergütungshöhe an den Gegenstandswert die Bearbeitung kleiner Streitwerte für Rechtsanwälte unwirtschaftlich ist. Das werde durch höhere Streitwerte subventioniert. Auf diese Weise gewährleiste das RVG der gesamten Bevölkerung den Zugang zum Recht, ohne dass es (mit Ausnahme von Beratungs- und Prozesskostenhilfe für die vulnerabelsten Bevölkerungsteile) einer staatlichen Subvention bedürfe. Allerdings könne das RVG diese Funktion nur leisten, wenn die Abrechnung nach dem RVG wirtschaftlich attraktiv bleibe und Rechtsanwälte nicht flächendeckend auf Vergütungsvereinbarungen ausweichen müssten. Die Anwaltschaft sei deshalb aktuell dringend auf eine zeitnahe lineare Erhöhung ihrer Vergütung angewiesen. Die hohen und stetig wachsenden Kosten, eine Kanzlei zu unterhalten, müssten sich in der Rechtsanwaltsvergütung widerspiegeln.

Stichhaltige Argumente gegen eine lineare Erhöhung der zuletzt zum 1.1.2021 durch das KostRÄG 2021[3] angepassten Anwaltsvergütung lassen sich insbesondere angesichts des spätestens seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine am 24.2.2022 gestiegenen Inflation schwerlich finden.[4] BRAK und DAV weisen insoweit zutreffend darauf hin, dass sich hierdurch auch die Kosten für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte erhöht haben dürften. Auch die in 2023 erzielten Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst für Bundes- und Kommunalbeamte und der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung einer Inflationsausgleichs-Sonderzahlung für berufliche Betreuer, Betreuungsvereine und ehrenamtliche Betreuer und zur Änderung des Betreuungsorganisationsgesetzes (BetrInASG)[5] böten eine Orientierungshilfe.

Durch das KostRÄG 2021 ist zum 1.1.2021 eine lineare Anpassung aller Wert-, Fest- und Betragsrahmengebühren um 10 % erfolgt. Die Betragsrahmengebühren im Sozialrecht sind um 20 % angehoben worden. Einen konkreten Vorschlag für die jetzt angestrebte lineare Erhöhung enthält die Stellungnahme dagegen nicht.

Eine pauschale Indexierung der Anwaltsvergütung würde die etwas mehr als zwei Jahre nach Inkrafttreten des KostRÄG zum 1.1.2021 erneut vorgeschlagene gesetzliche Anpassung der Anwaltsgebühren zwar vermeiden. Ob diese Indexierung insbesondere mit europarechtlichen Vorgaben vereinbar ist, dürfte allerdings problematisch sein.

Zu bedenken ist, dass im Falle der vorgeschlagenen linearen Erhöhung der Gebühren des RVG auf die Staatskassen Mehrausgaben im Bereich der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütungen gerichtlich bestellter und beigeordneter Rechtsanwälte sowie der im Rahmen von Beratungshilfe tätigen Anwälte zukommen dürften (§§ 44, 45 RVG), auch wenn BRAK und DAV darauf verweisen, dass die Zahlen der bewilligten PKH-Anträge und bei Beratungshilfe aufzuwendenden Kosten seit Jahren rückläufig sind. Wird aber davon ausgegangen, dass auch die Sach- und Personalkosten der Justiz seit dem Inkrafttreten des KostRÄG zum 1.1.2021 gestiegen sind, ist davon auszugehen, dass die Länder wie auch im KostRÄG 2021 die Forderung aufstellen werden, eine Erhöhung der Gerichtsgebühren im GKG, FamGKG, GNotKG und JVKostG mit in den Blick zu nehmen. Das gilt entsprechend für die Tätigkeit der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher, die Kosten nach dem GvKostG für die Länder erheben. Von einer Anhebung der Gebührenbeträge des GNotKG würden allerdings auch die Notarinnen und Notare profitieren, deren Gebührentabellen seit dem 1.8.2013 unverändert sind.

[3] Gesetz zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts und zur Änderung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 – KostRÄG 2021) v. 21.1.2020 (BGBl I, 3229).
[4] 2021: 3,1 %, 2022: 6,9 %, Mai 2023: 6,1 %.
[5] https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetzgebung/RefE/RefE_BetrInASG.pdf?__blob=publicationFile&v=2.

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