Negative Voraussetzung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG ist, dass keine anderen Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme dem Rechtsuchenden zuzumuten sind. Nach der Intention des BerHG soll die BerH andere kostenfreie Beratungseinrichtungen nicht ersetzen, sondern diese ergänzen.[14] Gibt es für den Rechtsuchenden einen einfacheren und billigeren Weg, so kann er darauf verwiesen werden, wenn dieser eine gegenüber der kostenverursachenden BerH gleichwertige Hilfe verspricht. Nach der h.M.[15] stellt die Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt in aller Regel eine zumutbare Hilfemöglichkeit dar mit der Folge, dass für die oben genannten Anliegen in der Regel keine BerH bewilligt werden kann.[16] Der Rechtsuchende hat insoweit kein Wahlrecht zwischen Jugendamt einerseits und Beratungsperson im Wege der BerH andererseits;[17] vielmehr ist die einzige Schranke die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Jugendamtes, die nur in seltenen Ausnahmefällen gegeben sein dürfte und der konkreten Darlegung bedarf. Zur Frage des Jugendamtes als andere Hilfemöglichkeit hatte 2018 das AG Pforzheim[18] zu entscheiden und hatte die h.M. aufgegriffen. In sorge- und umgangsrechtlichen Angelegenheiten sei nach Ansicht des Gerichts die Möglichkeit einer Beratung durch das Jugendamt vorrangig, sodass im Regelfall ein Anspruch auf Bewilligung von BerH nicht besteht. Gleichzeitig bekannte sich das AG Pforzheim aber dann für einen Ausschluss des Jugendamtes als andere Hilfe, wenn diese unzumutbar sei und legte ein Beispiel für die Zukunft fest. Die Inanspruchnahme des Jugendamts könne dann unzumutbar sein, wenn bspw. eine ordnungsgemäße Interessenwahrnehmung durch dieses konkret nicht gewährleistet werden kann, etwa wegen extremer Wartezeiten oder einer befürchteten Interessenkollision oder fachübergreifender Fragen, die nicht vom Behördenprivileg des RDG umfasst sind. Wie bisher auch ist der Autor der Abhandlung jedoch der Überzeugung, dass ein Ausschluss insoweit darzulegen wäre – beispielsweise durch Vorlage eine Bescheinigung. Ob die langen Wartezeiten ein Indiz für den Ausschluss der andere Hilfe darstellen kann, bleibt fraglich, denn lediglich das Unvermögen der Behörde zur Wahrnehmung eigener gesetzlich obliegender Aufgaben kann nicht zu deren Ausschluss führen.

[14] BR-Drucks 404/79, 14; Lissner, RVGreport 2012, 202; Ders., Rpfleger 2007, 448; Ders. AGS 2016, 371; BT-Drucks 17/11472.
[15] AG Halle (Saale), Beschl. v. 7.9.2012 – 103 II 20/12; AG Leverkusen, Beschl. v. 19.3.2012 – 16 II 80/12 BerH; AG Zeven Rpfleger 2007, 671 (Umgangssachen); AG Hannover FamRZ 2006, 351; AG Torgau FamRZ 2004, 1883; AG Lahnstein FamRZ 2004, 1299; AG Neunkirchen FamRZ 1998, 253; AG Detmold FamRZ 1991, 462; OLG Koblenz FamRZ 2005, 1915 (Mutwilligkeit ist dann zu bejahen, wenn bzgl. einer Umgangsregelung nicht vorher mit Hilfe des Jugendamtes versucht worden ist, eine gütliche Einigung zu erzielen); Lissner, RVGreport 2012, 202, Ders., Rpfleger 2012, 122; Ders., FamRB 2016, 32.
[16] S. auch Lissner, FamRB 2016, 32 m.w.N.
[17] Lissner, FamRB 2016, 32 m.w.N.; a.A. AG Vechta AGS 2012, 26 (Wahlrecht, wenn der Rechtsanwalt bereits schon mit dem Fall betraut war (hier: Unterhaltsabänderung)); AG Wolfsburg JurBüro 1991, 669 (diese Mindermeinung steht im Gegensatz zur gesetzlichen Regelung).
[18] AG Pforzheim, Beschl. v. 30.7.2018 – 211 BHG 18/18.

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