Entscheidungsstichwort (Thema)

PKH-Versagung wegen Mitwirkens (Umgangsverfahren). Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Umgangsverfahren ist in der Regel mutwillig im Sinne von § 114 ZPO eingeleitet, wenn nicht vorher mit Hilfe des Jugendamtes versucht worden ist, eine gütliche Einigung zwischen den Eltern des Kindes zu erzielen.

 

Normenkette

ZPO § 114

 

Verfahrensgang

AG Trier (Beschluss vom 19.07.2004; Aktenzeichen 20 F 65/04)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Trier vom 19.7.2004 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Zu Recht hat es der Familienrichter abgelehnt, der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für das von ihr angestrengte Umgangsverfahren zu bewilligen, weil diese es nicht zuvor versucht hat, eine einverständliche Regelung mit dem Antragsgegner mit Hilfe des Jugendamtes zu erzielen.

Der Senat teilt die Auffassung des FamG, die Anhängigmachung des Umgangsverfahrens sei mutwillig gewesen. Mutwillig handelt derjenige, der davon abweicht, was eine verständige, ausreichend bemittelte Partei in einem gleich liegenden Fall tun würde. Eine solche Partei, die das Verfahren aus eigenen Mitteln zahlen müsste, würde zunächst einmal versuchen, eine Einigung mit dem Antragsgegner in kostengünstiger Weise zu erreichen. Zwar ist die Inanspruchnahme außergerichtlicher Beratung durch das Jugendamt nicht Voraussetzung für das Entstehen eines Rechtschutzinteresses für ein gerichtliches Umgangsverfahren. Jedoch besteht ein Rechtsanspruch auf Beratung durch das Jugendamt nach § 18 SGB VIII. In vielen Fällen wird das Jugendamt in der Lage sein, zwischen den Eltern zu vermitteln. Einer Partei ist deshalb, bevor sie staatliche PKH in Anspruch nimmt, zuzumuten, zunächst auf diese Weise den Versuch einer gütlichen Einigung zu machen.

Im Einzelfall mag dies eine bloße Förmlichkeit sein. So liegt der Fall hier aber nicht. Zwar hat vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens ein Gespräch in den Büroräumen der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zwischen den Parteien stattgefunden. In diesem Gespräch haben die Parteien sich nicht geeinigt. Indes bedeutet dies nicht, ein Vermittlungsversuch des Jugendamts sei von vornherein aussichtslos (a.A. OLG Hamm v. 18.12.2003 - 2 WF 420/03, FamRZ 2004, 1116). Gerade durch die Einschaltung eines neutralen Dritten wie das Jugendamt ist oftmals erst ein offenes Gespräch zwischen getrennten Ehepartnern möglich. So war es offenbar auch hier, denn bei dem Jugendamt, welches auf Veranlassung des FamG tätig geworden ist, wurde eine Einigung erzielt. Völlig anders ist die Situation aber, wenn, wie in diesem Fall, die Verhandlungen in den Räumen der Prozessbevollmächtigten einer Partei geführt werden und der andere nicht durch einen Rechtsanwalt hierbei unterstützt wird. Es liegt nahe, dass die nicht vertretene Partei sich hierdurch in die Defensive gedrängt fühlt und ihr Einigungswille schwindet. Deshalb durfte die Antragstellerin nicht von vorneherein davon ausgehen, dass Vermittlungsversuche des Jugendamts sinnlos seien. Bevor sie ein Umgangsverfahren im Wege der Prozesskostenhilfe anstrengt, wäre es ihr daher zumutbar gewesen, zunächst diesen Vermittlungsversuch zu unternehmen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1248795

FamRZ 2005, 1915

FamRB 2005, 107

OLGR-KSZ 2005, 113

www.judicialis.de 2004

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