Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung. Der Kläger hat einen Anspruch auf bedingungsgemäßen Versicherungsschutz gem. den §§ 2a, 4 Abs. 1 Buchst. a, 5 ARB 94.

(1.) Der Rechtsstreit vor dem LG betrifft nach § 2a ARB 94 die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche des Klägers aus dem Verkehrsunfall vom 20.5.2004.

§ 4 Abs. 1 Buchst. a ARB 94 knüpft den Anspruch auf Rechtsschutz im Schadensersatz-Rechtsschutz an die erste Ursache des Schadens an. Maßgebend sind die Ereignisse, die der Schadensersatzpflichtige, gegen den der Versicherungsnehmer Ansprüche erhebt, zurechenbar gesetzt hat und die den Eintritt irgendeines Schadens, den der Versicherungsnehmer von diesem ersetzt bekommen will, nach der Lebenserfahrung hinreichend wahrscheinlich machen. Für den Eintritt des Versicherungsfalles ist danach auf den Tatsachenvortrag abzustellen, mit dem der Versicherungsnehmer seinen Schadensersatzanspruch begründet. Frühester Zeitpunkt ist das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten ihm gegenüber, auf das er sein Ersatzverlangen stützt (BGH, Urt. v. 30.4.2014 – IV ZR 47/13, VersR 2014, 742). Das war vorliegend der Verkehrsunfall vom 20.5.2004.

Im Schadensersatz-Rechtsschutz ist nur die Geltendmachung durch den Versicherungsnehmer gedeckt, nicht die Abwehr von Schadensersatzansprüchen. Das ist Aufgabe der Haftpflichtversicherung. Geltendmachung setzt allerdings lediglich voraus, dass sich der Versicherungsnehmer in der Rolle des Anspruchstellers befindet, er muss dabei aber nicht der aktive Teil sein. So können auch im Wege der Aufrechnung oder der Widerklage Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Ein Geltendmachen von Schadensersatzansprüchen liegt auch dann vor, wenn der Versicherungsnehmer auf Rückzahlung überzahlter Vorschüsse aus Bereicherungsgrundsätzen in Anspruch genommen wird und sich dagegen mit der Behauptung von Schadensersatzansprüchen verteidigt. Auch dann geht es um die Durchsetzung seiner Schadensersatzansprüche (Stahl, in: Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 8. Aufl., § 2 ARB 2000 Rn 34). In einem solchen Fall sind lediglich die Parteirollen vertauscht. Der Geschädigte muss nicht mehr seinen Schadensersatzanspruch beweisen, sondern der Schädiger das Fehlen eines Schadensersatzanspruches als fehlenden Rechtsgrund seiner Leistung. Aus dem maßgeblichen Tatsachenvortrag des Geschädigten folgt als Rechtsschutzfall seine Schädigung durch den Gegner und sein Verlangen auf Schadensersatz.

Genau dieser Fall ist dadurch eingetreten, dass die H. AG den von ihr als Schadensersatz geleisteten Betrag i.H.v. 360.000,00 EUR zurückverlangt. In diesem Prozess geht es um die Frage, ob dem Kläger aus dem Verkehrsunfall ein entsprechender Schadensersatzbetrag zusteht oder nicht. Die H. AG versucht die Rechtskraft des Urteils des OLG zu durchbrechen. Die Geltendmachung eines Bereicherungsanspruchs mit der Argumentation, dem Geschädigten stehe aufgrund des Nichteintritts einer Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs die geleistete Zahlung endgültig nicht zu, er habe diese Zahlung also ohne Rechtsgrund erlangt, weil kein Schadensersatzanspruch bestehe, betrifft genauso die endgültige Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen des Klägers wie ein sonstiger Streit über die Rückzahlung anderer Vorschüsse im Rahmen von Entschädigungsleistungen.

Auf die Frage, ob das OLG lediglich einen Vorschuss zugesprochen hat oder über diesen Betrag endgültig entschieden hat, kommt es für die Frage der Eintrittspflicht der Beklagten nicht an. Selbst wenn die Entscheidung nicht im Sinne einer Vorschusszahlung, sondern als endgültig zu betrachten wäre, ist es nicht ersichtlich, dass die Rückforderung mit einem neuen, das aktuelle Geschehen prägenden Rechtsverstoß des Klägers begründet wird. In dem Rechtsstreit vor dem LG, für den der Kläger von der Beklagten Deckungsschutz verlangt, geht es nicht um einen angeblichen Rechtsverstoß des Klägers, sondern alleine um die Frage, ob dem Kläger aus dem Verkehrsunfall ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 360.000,00 EUR auch dann zusteht, wenn er entgegen seiner ursprünglichen Absicht nicht sein vorhandenes Wohnhaus behindertengerecht umbaut, sondern einen behindertengerechten Neubau errichtet. Es geht also letztlich um die Frage, ob der Kläger auch einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 360.000,00 EUR aus dem Verkehrsunfall trotz veränderter Umstände hat.

Für die Annahme eines Rechtsverstoßes des Klägers ist bereits deshalb kein Raum, weil im Rahmen der Geltendmachung von deliktischen Schadensersatzansprüchen bzw. Ansprüchen aus Gefährdungshaftung kein Anknüpfungspunkt für einen Rechtsverstoß, der als neuer Rechtsschutzfall angesehen werden könnte, darin gesehen werden kann, dass ein Gläubiger möglicherweise eine Leistung erhalten hat, die ihm aufgrund des gesetzlichen Schuldverhältnisses nicht zusteht. Vielmehr geht es bei dem Streit um die Höhe des vom Schädiger endgültig zu leistenden Ersatzes immer ...

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