Nicht der Eintritt der Verjährung, sondern erst die Erhebung der Verjährungseinrede nach § 214 Abs. 1 BGB ist das erledigende Ereignis.

 

Beispiel

Der Kläger reicht beim LG gegen den Beklagten Klage wegen einer berechtigten Forderung i.H.v. 10.000,00 EUR ein. Nach Zustellung der Klage erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung, die ebenfalls berechtigt ist.

Nimmt der Kläger jetzt seine Klage zurück, da sie unbegründet geworden ist, so hätte er zwingend nach § 269 Abs. 3 ZPO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Stattdessen wird der Kläger – so ist es auch im Falle des OLG Köln geschehen – die Hauptsache für erledigt erklären.

Erst die Erhebung der Verjährungseinrede ist das erledigende Ereignis.[1] Der Eintritt der Verjährung wird nach § 214 Abs. 1 BGB nur auf Einrede des Schuldners hin berücksichtigt. Anders als in anderen Rechtsgebieten führt im Zivilrecht die Verjährung nicht zum Wegfall oder von vorneherein zur Nichtdurchsetzbarkeit der Forderung. Nach dem BGB steht es vielmehr im Belieben des Schuldners, ob er sich auf die Einrede der Verjährung beruft oder nicht. Erst wenn dies geschieht, verliert die Forderung ihre Durchsetzbarkeit, so dass sich dann die Hauptsache in der Tat erledigt.

Es verhält sich hier letztlich nicht anders als bei einer Aufrechnung, wie der BGH[2] bereits entschieden hat. Erledigendes Ereignis ist die Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB), nicht die Aufrechnungslage (§ 389 BGB), sondern erst die Erklärung der Aufrechnung. Dass die Aufrechnungserklärung Rückwirkung hat, nämlich dahingehend, dass die Forderung schon zu einem früheren Zeitpunkt als erloschen gilt (§ 389 BGB), ist unerheblich.

War die Klage im Fall des OLG Köln nach dem bisherigen Sach- und Rechtsstand, also bis zur Erhebung der Verjährungseinrede zulässig und begründet, dann ist sie erst durch die Erhebung der Verjährungseinrede unbegründet geworden. Das spricht zunächst einmal dafür, nach Sach- und Rechtslage die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen.

Soweit das OLG Köln davon ausgegangen ist, dass der Kläger bei Erhebung der Verjährungseinrede grundsätzlich die Kosten zu tragen habe, da er eine verjährte Forderung geltend gemacht habe und damit das Risiko trage, dass der Beklagte sich später auf die Einrede der Verjährung berufe, ist dies in dieser pauschalen Form nicht zutreffend.

War der Beklagte vorgerichtlich nicht zur Zahlung aufgefordert worden, dann hatte er gar keine Möglichkeit, sich vorgerichtlich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. In diesem Fall entspricht es sicherlich billigem Ermessen, den Kläger dann mit den Kosten des Verfahrens zu belasten, wenn die Verjährungseinrede erhoben wird.

Ist der Beklagte dagegen vorgerichtlich zur Leistung aufgefordert worden, und hat er sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen, obwohl die Verjährung bereits eingetreten war, dann dürfte es grundsätzlich der Billigkeit entsprechen, die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen, wenn die Forderung als solche unstreitig ist. Es dürfte nämlich unbillig sein, wenn ein Beklagter den Kläger in einen Prozess "hinein laufen lässt" und dann die Einrede der Verjährung erhebt. Es ist dem Beklagten grundsätzlich möglich, schon vorgerichtlich die Einrede der Verjährung zu erheben und damit den Kläger davon abzuhalten, Klage zu erheben und hierdurch Kosten auszulösen. Das kann grundsätzlich auch von einem Laien erwartet werden. Es ist allgemein bekannt, dass Forderungen nach einer gewissen Zeit verjähren. Gegebenenfalls muss sich der Beklagte vorgerichtlich informieren.

Möglich ist auch, dass der Beklagte sich vorgerichtlich gar nicht auf die Einrede der Verjährung berufen konnte, weil zum Zeitpunkt der außergerichtlichen Aufforderung die Verjährung noch gar nicht eingetreten war oder weil der Kläger vor Eintritt der Verjährung den Beklagten zwar außergerichtlich aufgefordert hat, die Klage aber erst nach Eintritt der Verjährung eingereicht hat. Hier hatte der Beklagte keine Möglichkeit, sich außergerichtlich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. In diesem Fall entspricht es der Billigkeit, dass der Kläger die Kosten trägt.

Möglich ist auch, dass die Verjährung erst im Laufe des Rechtsstreits eintritt, nämlich dann, wenn das Verfahren zum Ruhen gebracht wird und die Hemmung der Verjährung nach sechs Monaten endet. Auch hier ist erst die Erhebung der Verjährungseinrede das erledigende Ereignis. Das Gericht muss auch jetzt gem. § 91a Abs. 1 ZPO den bisherigen Sach- und Streitstand nach billigem Ermessen berücksichtigen. Es muss also primär danach entscheiden, ob die Klage bis zur Erhebung der Verjährungseinrede zulässig und begründet war.[3]

Einen Grundsatz, dass der Kläger jetzt zwingend mit den Kosten des Verfahrens zu belasten sei, weil er die Verjährung hat eintreten lassen, gibt es nicht.[4] Wenn der Kläger es versäumt, verjährungsunterbrechende oder -hemmende Maßnahmen zu ergreifen, verliert er schon seine Klageforderung. War diese aber bis dahin zulässig und begründet und sind damit die bisherigen Prozesskosten n...

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