Die Rechtsbeschwerde des Klägers ist unbegründet.

Das LAG hat zu Recht die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des ArbG zurückgewiesen. Die Beklagte kann vom Kläger Erstattung ihrer hypothetischen Reisekosten von A nach Kiel für die drei erstinstanzlichen Termine vor dem ArbG verlangen.

I. Die Beklagte hat gegen den Kläger gem. § 91 Abs. 1 ZPO Anspruch auf Erstattung der erstinstanzlichen Anwaltskosten in Höhe ihrer ersparten Reisekosten.

1. Reisekosten sind notwendige Kosten i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO, wenn eine Partei in der konkreten Lage die die Kosten verursachende Reise vernünftigerweise als sachdienlich ansehen darf (vgl. BAG v. 21.1.2004 – 5 AZB 43/03, zu II 1 der Gründe). Dabei ist jede Prozesspartei verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle eines Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt. Diese Verpflichtung beherrscht als Ausdruck von Treu und Glauben das gesamte Kostenrecht (vgl. BAG v. 14.11.2007 – 3 AZB 36/07, Rn 11; BGH v. 2.5.2007 – XII ZB 156/06, Rn 12 f. [= AGS 2007, 541]).

2. Erscheint die Partei nicht selbst, sondern entsendet sie einen Prozessbevollmächtigten, sind die durch diesen entstehenden Kosten im Rahmen hypothetisch berechneter Reisekosten, die der Partei sonst entstanden wären, grundsätzlich erstattungsfähig (vgl. GMP/Germelmann, 8. Aufl., § 12a Rn 22; GK-ArbGG/Schleusener, Stand Juni 2015, § 12a Rn 46; Schwab/Weth/Vollstädt, ArbGG, 4. Aufl., § 12a Rn 25). Zwar sind nach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG die Kosten für die Beiziehung eines Prozessbevollmächtigten erstinstanzlich nicht erstattungsfähig. Durch diese Regelung soll das Kostenrisiko der Partei begrenzt werden. Sie soll aber nicht dadurch begünstigt werden, dass die erstattungsberechtigte Gegenpartei nicht selbst erscheint, sondern einen Prozessbevollmächtigten entsendet. Das folgt aus dem vom Gesetz verfolgten Zweck, die durch einen Prozessbevollmächtigten eintretende Verteuerung des Prozesses zu verhindern, nicht jedoch Kostenerstattungsansprüche schlechthin auszuschließen (vgl. Schaub, Arbeitsgerichtsverfahren, 7. Aufl., § 49 Rn 12). Alle außergerichtlichen Kosten der Partei, die nicht in § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG genannt sind, bleiben erstattungsfähig (vgl. Schwab/Weth/Vollstädt, ArbGG, § 12a Rn 19).

3. (Hypothetische) Reisekosten der Partei vom Sitz des Unternehmens zum Gerichtsort können auch dann notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO sein, wenn der Rechtsstreit am Erfüllungsort des Arbeitsverhältnisses geführt wird.

a) Die prozessuale Möglichkeit, Klagen gem. § 29 Abs. 1 ZPO am Erfüllungsort oder in arbeitsrechtlichen Verfahren am gewöhnlichen Arbeitsort gem. § 48 Abs. 1a ArbGG erheben zu können, besagt noch nichts über den Umfang der Kostentragungspflicht nach § 91 Abs. 1 ZPO. Die gesetzlichen Gerichtsstandsregelungen haben keinen kostenrechtlichen Bezug. Auch aus § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG, der diesen kostenrechtlichen Bezug hat, folgt für die vorliegende Konstellation keine Besonderheit. Diese Norm schließt im ersten Rechtszug nur einen Entschädigungsanspruch der obsiegenden Partei wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten aus. (Hypothetische) Reisekosten der obsiegenden Partei werden von dieser Regelung nicht berührt. Insoweit bleibt es bei dem oben geschilderten Grundsatz eines Kostenerstattungsanspruchs der obsiegenden Partei in Verbindung mit dem Erfordernis eines möglichst kostenschonenden Vorgehens.

b) Danach wird die Notwendigkeit von Reisekosten der Partei zum Gerichtsstand des Erfüllungsorts häufig ausgeschlossen sein. Dies ist aber nicht zwingend der Fall. Für die Frage der Notwendigkeit der Reisekosten i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO kommt es darauf an, ob eine ordnungsgemäße Prozessführung durch Mitarbeiter der Partei am Ort des Prozessgerichts möglich wäre (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 91 Rn 13 Arbeitsgerichtsverfahren; ErfK/Koch, 15. Aufl., § 12a ArbGG Rn 4). Dabei ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen (vgl. BAG 21.1.2004 – 5 AZB 43/03, zu II 1 der Gründe).

4. Die (hypothetischen) Reisekosten der Beklagten von A nach Kiel waren im vorliegenden Fall notwendig. Ihr war es nicht möglich, den Rechtsstreit durch einen ihrer Mitarbeiter aus der Betriebsstätte K zu führen. Dort werden nur wenige Arbeitnehmer und diese ausschließlich im technischen Bereich beschäftigt. Auch der dort beschäftigte Teamleiter kam nicht als Prozessvertreter der Beklagten in Betracht. Nach den Feststellungen des LAG im angegriffenen Beschluss war dieser angesichts der im Rechtsstreit inhaltlich zu behandelnden Rechtsfragen und dessen Bedeutung nicht ausreichend kompetent, diesen zu führen. Das LAG hat seine Feststellung, auch unter angemessener Berücksichtigung der Vorgesetztenstellung des Teamleiters, näher begründet. Ein Rechtsfehler ist dabei nicht zu erkennen. Der Kläger hat insoweit auch keine konkrete Verfahrensrüge er...

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