RVG § 45 ff.; RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3, Nr. 3104

Leitsatz

Ist der Anwalt im Wege der Verfahrenskostenhilfe beigeordnet und führt er mit dem Gegner oder einem Dritten (hier Jugendamt im Verfahren auf Kindesunterhalt) eine Besprechung zur Erledigung des Verfahrens, löst dies eine Terminsgebühr aus, die von der Staatskasse zu übernehmen ist.

AG Siegburg, Beschl. v. 22.6.2012 – 316 F 148/11

1 Aus den Gründen

Die Erinnerung des Antragstellervertreters ist gem. §§ 56 Abs. 1, 33 RVG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg:

1. Für die Tätigkeit des Antragstellervertreters ist eine Terminsgebühr entstanden gem. Vorbem. 3 Abs. 3, Nr. 3104 VV. Der Antragstellervertreter hatte – ohne Mitwirkung des Gerichts – jedenfalls an zwei auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen mit dem Antragsgegner teilgenommen. Eine Unterredung fand vor Kontaktaufnahme mit dem Jugendamt statt, die zweite danach. Dass die Gespräche auf die Verfahrensbeendigung gerichtet waren, findet seinen Ausdruck auch darin, dass der Antragsgegner dem Antragstellervertreter im Rahmen dieses Gesprächs die letztlich zur Beendigung des Verfahrens führenden Jugendamtsurkunden überreichte. Es kann offen bleiben, ob darüber hinaus die Terminsgebühr auch für die telefonische Besprechung mit dem Jugendamt alleine angefallen wäre (bejahend Hartmann, KostG, 42. Aufl., Nr. 3104 VV Rn 14), da die Terminsgebühr jedenfalls nur einmal anfiel. Ergänzend wird auf die Ausführungen des OLG Köln im Beschl. v. 5.6.2012 und die dortigen Nachweise verwiesen.

2. Die Terminsgebühr ist auch von der bewilligten Verfahrenskostenhilfe abgedeckt. Gem. § 45 Abs. 1, 12 RVG erhält der im Wege der Verfahrenskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung. Zu dieser gehört auch die o.g. Terminsgebühr. Dass diese nur für Anwälte, die Selbstzahler in einem gerichtlichen Verfahren vertreten, entsteht, nicht aber für Anwälte, die im Rahmen von bewilligter Verfahrenskostenhilfe beigeordnet sind, ist im Gesetz nicht festgehalten. Der Grundsatz der Waffengleichheit spricht auch dagegen (vgl. zu diesem Gedankengang die zur Vergleichsgebühr ergangene Rspr. des BGH NJW 1988, 494 und des hiesigen Beschwerdesenats, Beschl. v. 19.12.2005 – 27 WF 126/05 [= AGS 2006, 138]). Auf die Ausführungen des OLG Köln im Beschl. v. 5.6.2012, denen sich das Gericht anschließt, wird ergänzend verwiesen.

2 Anmerkung

Die Entscheidungen des OLG Köln und des AG Siegburg sind zutreffend. Das OLG hatte die Sache zwar, weil das AG Siegburg[1] über die Erinnerung des die Antragsteller vertretenden Verfahrensbevollmächtigten nicht abschließend entschieden, vielmehr nur ausgeführt hatte, dass "die Rechtsauffassung der Rechtspflegerin, die Terminsgebühr werde durch außergerichtliche Verhandlungen mit einem Dritten (Jugendamt) nicht ausgelöst und für derartige Gespräche sei auch keine VKH bewilligt worden", zutreffend erscheine, an das AG Siegburg zurückverwiesen. Allerdings hat das OLG dennoch, offenbar als Wegweiser für das FamG, umfassend und in jeder Hinsicht zutreffend mit vorbildlicher Begründung zur Rechtslage ausgeführt und dem FamG einen Leitfaden an die Hand gegeben:

I. Zurückverweisung durch das OLG an das FamG

Der Anwalt hatte neben der Verfahrensgebühr wegen der mit dem Antragsgegner und dem Jugendamt geführten Besprechungen beim Gericht des ersten Rechtszugs – dem FamG – auch eine Terminsgebühr zur Festsetzung angemeldet. Die Festsetzung der Terminsgebühr wurde abgelehnt. Dagegen hat der die Festsetzung begehrende Anwalt Erinnerung eingelegt, der die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und sie dem Abteilungsrichter vorgelegt hat.

Zuständig zur Entscheidung über die Erinnerung ist nach § 55 Abs. 1 RVG der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs. Hält er die Erinnerung für begründet, muss er abhelfen. Anderenfalls ist er verpflichtet, sie unverzüglich dem Abteilungsrichter zur Entscheidung vorzulegen (§ 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 4 S. 1 RVG), wobei streitig ist, ob Rechtspfleger oder Abteilungsrichter für die Entscheidung zuständig sind. Die Rechtspflegerin geht offenbar von der Zuständigkeit des Abteilungsrichters aus. Das Gericht hat aber in der Sache nicht entschieden und sie – auf eine vorsorglich gegen die Verfügung des Gerichts durch den Anwalt erhobene sofortige Beschwerde – dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Das hat die Sache richtigerweise zurückverwiesen, weil eine Entscheidung des Gerichts erst zu ergehen habe, die Grundlage für eine Anfechtung sein könne.

II. Die Terminsgebühr

1. Die Terminsgebühr entsteht unter den Voraussetzungen der Vorbem. 3 Abs. 3 VV bei Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins (1. Var.), bei Wahrnehmung eines von einem gerichtlichen Sachverständigen anberaumten Termins (2. Var.) oder bei der Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Erledigung oder Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens gerichtet sind (3. Var.). Die Terminsgebühr entsteht insoweit auch dann, wenn der Rechtsanwalt an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Betei...

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