I.  Das Rechtsmittel ist gem. § 32 Abs. 2 RVG, §§ 63 Abs. 3 S. 2, 68 Abs. 1 S. 1 GKG statthaft. Der Senat hat bereits entschieden (vgl. OLGR 2007, 127 m. w. Nachw.), dass auch gegen Wertfestsetzungen des LG als Berufungsgericht der Weg der Streitwertbeschwerde eröffnet ist. Anders als die bis zum 30.6.2004 vor Inkrafttreten des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 5.5.2004 (BGBl I S. 718 ff.) anzuwendende Vorschrift des § 25 Abs. 3 S. 2 GKG a.F. enthält § 68 Abs. 1 GKG keinen Ausschluss der Beschwerde gegen die Wertfestsetzung des Rechtsmittelgerichts. Der Verzicht des Gesetzgebers auf die Übernahme der früheren Regelung in das neue Kostenrecht steht auch einer analogen Heranziehung der entsprechenden Rechtsmittelbeschränkung aus § 567 Abs. 1 ZPO entgegen (vgl. Senat a.a.O.).

II.  Das auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel, über das der Senat gem. § 122 Abs. 1 GVG in seiner vollen Besetzung zu entscheiden hat, ist teilweise erfolgreich. Der vom LG auf nur 4.757,72 EUR festgesetzte Vergleichswert ist anderweitig auf 12.013,96 EUR heraufzusetzen. Das weitergehende Rechtsmittel des Beschwerdeführers ist dagegen unbegründet und unterliegt der Zurückweisung. Zugleich ist der Wert für den Rechtsstreit von Amts wegen anderweitig auf 4.617,72 EUR festzusetzen.

1.  Der Senat setzt den Streitwert für den Rechtsstreit von Amts wegen anderweitig auf 4.617,72 EUR fest.

a)  Zu dieser Maßnahme ist der Senat anlässlich der Befassung mit der Sache auch ohne Antrag einer Partei gem. § 63 Abs. 3 S. 1 GKG befugt, und zwar binnen einer Frist von sechs Monaten seit Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache. Die in Rede stehende Frist ist hier noch nicht abgelaufen, und zwar aus den gleichen Gründen, aus denen der Beschwerdeführer die Beschwerde gegen die Festsetzung des Vergleichswerts innerhalb noch offener Frist führen kann.

b)  Der Wert für den Rechtsstreit beträgt nicht nur 4.257,72 EUR, den das LG im Ansatz zutreffend mit der Jahresmiete bewertet hat (§ 41 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GKG). Er ist vielmehr um 360,00 EUR auf 4.617,72 EUR heraufzusetzen. Das beruht darauf, dass das LG und die sonstigen Beteiligten übersehen haben, dass die Kläger nicht nur die Räumung und Herausgabe der (gekündigten) Mietwohnung, sondern daneben die Herausgabe des näher bezeichneten Gartenstücks verlangt haben. Der letztgenannte Anspruch ist selbstständig zu bewerten, weil das Gartenstück nach dem Vortrag der Kläger nicht Gegenstand des Mietvertrags gewesen, sondern den Beklagten außerhalb des Mietvertrags entgeltfrei, demgemäß nur leihweise zur Nutzung überlassen worden ist. Die Jahresmiete (4.257,72 EUR), die den mietrechtlichen Räumungs- und Herausgabeanspruch bestimmt, erfasst deshalb nicht das selbstständig zu bewertende Interesse der Kläger an der Herausgabe des leihweise überlassenen Gartenstücks. Den Nutzungswert des Gartenstücks schätzt der Senat auf monatlich 30,00 EUR und das Herausgabeinteresse der Kläger in Anlehnung an § 41 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GKG auf den Jahresnutzungswert von 360,00 EUR (12 Mon x 30,00 EUR/Mon).

2.  Der Vergleichswert ist anderweitig auf 12.013,96 EUR heraufzusetzen.

a)  Werden in einem Vergleich Streitgegenstände mit erledigt, die im Rechtsstreit nicht anhängig gewesen sind (so genannter Mehrvergleich), sind alle Mehrvergleichsgegenstände nach allgemeinen Grundsätzen einzeln zu bewerten. Sie erhöhen den Gegenstandswert des Vergleichs (vgl. Senat NJW-RR 2008, 1697 = OLGR 2008, 748 [= AGS 2008, 462]) und sind mit dem rechtshängigen Vergleichsgegenstand zu addieren (Senat a.a.O.). Das führt im Streitfall zu einem Vergleichsgegenstandswert von insgesamt 12.013,96 EUR, wobei auf den Mehrvergleich 7.396,24 EUR entfallen. Im Einzelnen gilt das Folgende:

 
Zeile Position Beträge/EUR
01 Räumung/Herausgabe der Wohnung/des Gartengrundstücks/Umzugskostenhilfe 4.617,72
02 Verzicht auf Räumungsschutz 861,54
03 Unterlassungserklärung betr. "Gebäudeeinsturzgefahr" 1.000,00
04 Mietminderung/Leistungsverweigerungsrecht 4.257,72
05 Rückbauvereinbarung 1.276,98
06 Summe (Gegenstandswert/Vergleich) 12.013,96
07 Streitwert/Rechtsstreit – 4.617,72
08 Gegenstandswert des Mehrvergleichs 7.396,24

b)  Erläuterungen

aa)  Räumung/Herausgabe der Wohnung/des Gartenstücks/Umzugskostenbeihilfe (Tabelle Zeile 01)

(1)  Im Ausgangspunkt zutreffend hat das LG den für den Rechtsstreit angesetzten Räumungsstreitwert auch für den Vergleich angesetzt; denn die Parteien haben sich (auch) über die Räumung und Herausgabe der Mietwohnung verglichen.

(2)  Richtig ist auch, dass das LG die so genannte Umzugskostenbeihilfe, zu deren Zahlung sich die Kläger im Gegenzug zum titulierten mietrechtlichen Räumungs- und Herausgabeanspruch bereit erklärt haben (1.000 EUR), bei der Bestimmung des Vergleichswerts nicht berücksichtigt hat. Das folgt aus dem anerkannten Bewertungsgrundsatz, dass sich der Vergleichswert nicht daran orientiert, worauf, sondern worüber sich die Parteien geeinigt haben (vgl. Senat a.a.O. und JurBüro 2005, 479 = OLGR 2005, 651 jew. m. w. Nachw.). Da ei...

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