1. Sinn und Zweck der Regelung

Das LG hat das Entstehen der Vernehmungsterminsgebühr verneint, weil in dem Anhörungstermin am 4.7.2020 nicht über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft verhandelt worden sei. Die Nr. 4102 Nr. 3 VV sehe eine Terminsgebühr (nur) für die Teilnahme an Terminen außerhalb der Hauptverhandlung vor, in denen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung verhandelt wird. Mit dem Erfordernis des "Verhandelns" habe der Gesetzgeber erreichen wollen, dass die häufig nur sehr kurzen reinen Haftbefehlsverkündungstermine nicht von diesem Gebührentatbestand erfasst werden und die Teilnahme des Rechtsanwalts an derartigen Terminen nicht gesondert honoriert werde (vgl. amtliche Begründung BT-Drucks 15/1971, 223; u.a. OLG Bamberg AGS 2021, 169 = JurBüro 2021, 241 = NStZ-RR, 231 [Ls.]; OLG Hamm RVGreport 2006, 469 = AGS 2006, 122 m. Anm. Madert = AGS 2006, 179 = Rpfleger 2006, 226 = JurBüro 2006, 136; OLG Saarbrücken StraFo 2014, 201 = StRR 2014, 517), es sei denn, an die Verkündung des Haftbefehls schließt sich eine Verhandlung über die Fortdauer der Untersuchungshaft an (vgl. amtliche Begründung BT-Drucks 15/1971, 223). Der Sinn der Nr. 4102 Nr. 3 VV sei es demnach, den Zeitaufwand desjenigen Anwalts zu vergüten, der anlässlich eines Haftprüfungstermins oder Haftbefehlserörterungstermins sachbezogene Stellungnahmen abgibt und damit zur Verfahrensförderung und -beschleunigung beiträgt (vgl. LG Düsseldorf, Beschl. v. 23.8.2013 – 4 KLs 24/12; Beschl. v. 25.3.2005 – 1 Qs 9/04).

2. Tätigkeiten im Termin

Das bedeute, dass der Verteidiger im Termin für den Beschuldigten in der Weise tätig geworden sein müsse, dass er Erklärungen oder Stellungnahmen abgegeben oder Anträge gestellt habe, die dazu bestimmt waren, die Fortdauer der Untersuchungshaft abzuwenden (vgl. KG, Beschl. v. 31.10.2008 – (1) 2 StE 6/07 – 6 (6/07); OLG Saarbrücken, a.a.O.). Insofern begründe insbesondere der Antrag des Rechtsanwalts, als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden, keine Verhandlung im gebührenrechtlichen Sinn (vgl. OLG Saarbrücken, a.a.O.; LG Düsseldorf, Beschl. v. 23.8.2013 – 4 KLs 24/12). Ein "Verhandeln" liege des Weiteren auch nicht schon dann vor, wenn der Verteidiger dem Angeklagten bei dessen Vorführung vor dem Haftrichter lediglich anrät, keine Angaben zur Sache zu machen und dieser hierauf schweigt. Denn auch in einem solchen Fall erschöpfe sich der Termin nach außen hin in der bloßen Abfolge der ohnehin gesetzlich vorgesehenen Förmlichkeiten eines Vorführungstermins gem. § 128 StPO (vgl. OLG Saarbrücken, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.; OLG Jena, Beschl. v. 15.10.2013 – 1 Ws 344/13, RVGreport 2014, 24).

3. Erörterungen

Zwar habe hier zu Beginn des Vorführungstermins gem. § 128 StPO noch kein Haftbefehl vorgelegen, sondern ein solcher sei erst im Verlaufe des Termins erlassen, nachdem der Beschuldigte nach Belehrung keine Angaben zur Sache gemacht hatte. Allein dies führe jedoch in Ermangelung von Erklärungen oder Stellungnahmen zur Anordnung der Untersuchungshaft nicht zu einem Verhandeln i.S.d. Nr. 4102 Nr. 3 VV (vgl. OLG Saarbrücken, a.a.O.).

Etwas anderes folge – so das LG – auch nicht aus der dienstlichen Stellungnahme des beim Vorführungstermin gegenwärtigen Richters, dass in seinen Terminen üblicherweise eine kurze Erörterung zum Vorliegen des Haftgrundes erfolge und er davon ausgehe, dass dies auch in dem Vorführungstermin am 4.7.2020 der Fall gewesen sei. Denn selbst wenn eine solche Erörterung in dem Termin entgegen des Protokolls stattgefunden hätte, wäre der Beschuldigte insofern lediglich über den Ermittlungsstand und die einen Haftbefehl begründenden Umstände informiert worden. Ein gebührenauslösender, auf die Vermeidung der Untersuchungshaft gerichteter Erörterungsbeitrag des Rechtsanwalts sei damit jedoch nicht dargetan. Da der Beschuldigte auf Anraten des Beschwerdegegners vielmehr keine Angaben zur Sache gemacht habe, würde auch eine derartige Erörterung durch das Gericht die Gebühr gem. Nr. 4102 VV in Ermangelung einer Tätigkeit des Verteidigers nicht auslösen (vgl. OLG Saarbrücken, a.a.O.).

Dasselbe gelte für die Angaben des Rechtsanwalts, dass in dem Termin die Frage der Haftfähigkeit des Beschuldigten in Bezug auf dessen Suchterkrankung und der Voraussetzungen der Fluchtgefahr diskutiert worden seien. Dieser Vortrag, der bereits im Widerspruch zu dem Protokoll des Anhörungstermins stehe, lasse selbst bei Wahrunterstellung nicht erkennen, inwiefern der Rechtsanwalt dabei Erklärungen oder Stellungnahmen abgegeben haben soll, die dazu bestimmt waren, die Fortdauer der Untersuchungshaft abzuwenden. Auch das Vorbringen des Rechtsanwalts, dass dem Vorführungstermin ein mittels Dolmetscherin geführtes ausführliches Vorgespräch mit dem Beschuldigten vorangegangen sei und er daher anlässlich des Vorführungstermins insgesamt mehr als zwei Stunden im Gericht verbracht habe, sei nicht geeignet, einen Anspruch auf eine Terminsgebühr gem. Nr. 4102 VV zu beg...

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