§ 50 WEG a.F.

Leitsatz

Ein mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängender Grund i.S.v. § 50 WEG a.F., der eine Vertretung der beklagten Wohnungseigentümer durch mehrere Rechtsanwälte rechtfertigt, liegt nicht deshalb vor, weil ein einzelner Wohnungseigentümer über die Mehrheit der Stimmen verfügt und den angefochtenen Beschluss gegen die Stimmen aller übrigen Wohnungseigentümer herbeigeführt hat.

BGH, Beschl. v. 1.7.2021 – V ZB 55/20

I. Sachverhalt

Die Kläger, Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft, beabsichtigten, auf ihrer Sondernutzungsfläche im Garten einen Brunnen anzulegen. Ihr auf Zustimmung zu dieser Maßnahme gerichteter Beschlussantrag wurde in der Wohnungseigentümerversammlung allein aufgrund der Gegenstimme des Beklagten zu 2 abgelehnt, auf den die Mehrheit der Stimmanteile entfällt. Mit ihrer beim AG Augsburg erhobenen Anfechtungsklage, die sie mit einem Antrag auf Beschlussersetzung verbunden hatten, wandten sich die Kläger gegen den ablehnenden Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Verwalterin der Wohnungseigentümeranlage beauftragte mit der Vertretung der übrigen Wohnungseigentümer einen Rechtsanwalt, der dem Gericht die Verteidigungsbereitschaft anzeigte. Der Beklagte zu 2 beauftragte seinerseits einen (anderen) Rechtsanwalt, der ihn anschließend in dem gerichtlichen Verfahren vertrat. Das AG Augsburg hat die Klage abgewiesen und den Klägern die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Auf Antrag der Beklagten zu 1 – das waren die übrigen Wohnungseigentümer mit Ausnahme der Kläger und des Beklagten zu 2 – hat der Rechtspfleger des AG durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.11.2018 die von den Klägern an die Beklagten zu 1 zu erstattenden Kosten einschließlich der Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV um den Satz von 0,6 auf 1.860,45 EUR festgesetzt. Den Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten zu 2 hat der Rechtspfleger durch weiteren Beschl. v. 20.11.2018 i.H.v. 1.463,70 EUR zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2 hat das LG München I zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde hatte der Beklagte zu 2 nur zum geringen Teil Erfolg.

II. Kostenerstattung in Wohnungseigentumssachen

1. Gesetzliche Regelung

Für die Entscheidung des BGH war gem. § 48 Abs. 5 WEG die bis zum 30.11.2020 geltende Vorschrift des § 50 WEG anwendbar, weil das Verfahren vor dem AG Augsburg schon vor dem 1.12.2020 anhängig gemacht wurde. Nach § 50 WEG a.F. sind den Wohnungseigentümern als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Kosten nur die Kosten eines Bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war. Solche sachbezogenen Gründe wurden hier nach Auffassung des BGH weder vom Beklagten zu 2 vorgetragen noch waren sie sonst ersichtlich.

Der BGH hat auf seine ständige Rspr. verwiesen, wonach der Sinn der Beschränkung der Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten darin liegt, dass die beklagten Wohnungseigentümer dasselbe Ziel verfolgten, nämlich die Abwehr der von der Klägerseite erhobenen Einwendungen gegen die Wirksamkeit eines gefassten Beschlusses (BGH RVGreport 2011, 432 [Hansens] = JurBüro 2021, 32).

2. Kein Ausnahmefall

Nach den weiteren Ausführungen des BGH reichen unterschiedliche Rechtsauffassungen der einzelnen beklagten Wohnungseigentümer nicht aus, um die Notwendigkeit einer Mehrfachvertretung zu begründen (BGH Rpfleger 2009, 699; BGH RVGreport 2011, 432 [Hansens] = JurBüro 2012, 32). Mit der Regelung des § 50 WEG solle nämlich das Kostenrisiko für anfechtende Wohnungseigentümer begrenzt werden. Außerdem gewährleiste diese Bestimmung, dass Wohnungseigentümer von der Erhebung einer Anfechtungsklage deshalb keinen Abstand nehmen, weil sie im Unterliegensfalle die Kosten für eine Vielzahl von Rechtsanwälten der übrigen Wohnungseigentümer erstatten müssten (BGH Rpfleger 2009, 699).

Um eine Ausnahme zu begründen, müsste nach den weiteren Ausführungen des BGH ein mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängender Grund vorliegen, der eine Vertretung der beklagten Wohnungseigentümer durch mehrere Rechtsanwälte rechtfertigen würde. Ein solcher Grund liege hier nicht deshalb vor, weil ein einzelner Wohnungseigentümer – wie hier der Beklagte zu 2 – über die Mehrheit der Stimmen verfügt und den angefochtenen Beschluss gegen die Stimmen aller übrigen Wohnungseigentümer herbeigeführt hat. Die übrigen Wohnungseigentümer würden nämlich ohne Rücksicht auf ihr individuelles Abstimmungsverhalten Beklagte sein und als solche dasselbe prozessuale Ziel wie der Mehrheitseigentümer verfolgen. Dass diese – anders als der Mehrheitseigentümer – gegen den gefassten Beschluss gestimmt hätten, reiche als Grund für eine Mehrfachvertretung nicht aus. Der von dem Verwalter beauftragte Rechtsanwalt sei nämlich verpflichtet, auf eine Abweisung der Klage hinzuwirken, um dem Willen der Mehrheit der Wohnungseigentümer Geltung zu verschaffen (BGH Rpfleger 2009, 699).

3. Kein ...

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