Die Entscheidung des Hess. LSG dürfte zutreffend sein.

1. Gebührenrechtliches

Die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller hatte sich für ihre Auffassung, ihr stünden im Aussetzungsverfahren nach § 199 Abs. 2 SGG gesonderte Gebühren und Auslagen zu, auf die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Nr. 6 RVG berufen. Danach sind besondere Angelegenheiten jedes Verfahren über Anträge nach den §§ 765a, 851a oder 851b ZPO, die hier nicht einschlägig waren, sowie jedes Verfahren über Anträge auf Änderung oder Aufhebung der getroffenen Anordnungen und jedes weitere Verfahren nach Vorschriften der ZPO und des Auslandsunterhaltsgesetzes, die hier ebenfalls nicht einschlägig waren.

Es stellte sich deshalb hier nur die Frage, ob das Verfahren nach § 199 Abs. 2 SGG ein Verfahren über Anträge auf Abänderung oder Aufhebung der getroffenen Anordnungen darstellt. Darum ging es hier jedoch nicht. Im Rahmen des § 199 Abs. 2 SGG kann der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Um eine Änderung oder Aufhebung der getroffenen Anordnung ging es hier somit nicht. Vielmehr ist das Aussetzungsverfahren nach § 199 Abs. 2 SGG eher unter die Regelung des § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 RVG einzuordnen, wonach die vorläufige Einstellung, Beschränkung oder Aufhebung der Zwangsvollstreckung mit dem betreffenden Hauptsacheverfahren (hier: Beschwerdeverfahren) zusammenhängt, soweit hierüber keine abgesonderte mündliche Verhandlung stattfindet. Die in § 199 Abs. 2 S. 1 SGG geregelte Aussetzung der Vollstreckung durch Erlass einer einstweiligen Anordnung dürfte eine vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung im Sinne dieser Gebührenvorschrift darstellen.

2. Verfahrensrechtliches

Auch insoweit ist dem Hess. LSG zuzustimmen. Geht man davon aus, dass das Aussetzungsverfahren nach § 199 Abs. 2 S. 1 SGG prozesskostenhilferechtlich ein gesondertes Verfahren ist, so bedürfte es insoweit eines gesonderten Antrags auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts. Einen solchen Antrag hatten hier die Antragsteller nicht gestellt. Geht man hingegen davon aus, dass das Aussetzungsverfahren gem. § 199 Abs. 2 SGG prozesskostenhilferechtlich zur Hauptsache, hier also zu den Beschwerdeverfahren gehört, ist für den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse im Beschwerdeverfahren auch die Tätigkeit des Anwalts im Aussetzungsverfahren mit zu berücksichtigen. Dies kann dann zu einer Anhebung der Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren führen, da wohl durch die Tätigkeit im Aussetzungsverfahren die Anwaltstätigkeit umfangreicher und schwieriger geworden ist. Hierzu habe ich Ausführungen des Hess. LSG vermisst.

3. Verfahrensweise des Prozessbevollmächtigten

Wie auch sonst sollte der Rechtsanwalt darauf achten, den Antrag auf Bewilligung von PKH und auf anwaltliche Beiordnung ausdrücklich auf alle Angelegenheiten zu erstrecken, in denen er tätig wird. Ist er nicht sicher, ob die erstrebte Bewilligung der PKH für das Hauptsacheverfahren auch für das Nebenverfahren (hier Aussetzungsverfahren nach § 199 Abs. 2 SGG) gilt, sollte er jedenfalls hilfsweise einen gesonderten Antrag auf Bewilligung von PKH und Beiordnung für dieses Aussetzungsverfahren stellen.

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin

AGS 9/2021, S. 419 - 422

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