Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn der Rechtssuchende in I. Instanz bereits anwaltlich vertreten war. Hier "scheiden sich die Geister." Ob für die Prüfung der Erfolgsaussicht einer Berufung oder eines sonstigen weiteren Vorgehens Beratungshilfe hier noch bewilligt werden kann, ist zumindest zur Diskussion zu stellen.

 

Beispiel 2

Rechtsanwalt R vertritt den Beklagten in I. Instanz. Ein (belastendes) Urteil I. Instanz ergeht. Der Verurteilte wendet sich an seinen Rechtsanwalt, um wieder die Erfolgsaussichten einer Berufung zu prüfen.

aa) Erste Möglichkeit

Das Verfahren über ein Rechtsmittel und der vorausgegangene Rechtszug sind bspw. jeweils eine Angelegenheit (§ 17 Nr. 1 RVG). Folglich könnte man sich also auf den Standpunkt stellen:

 
Hinweis

Es sind zwei Angelegenheiten. In dieser Sache wurde bislang keine Beratunghilfe bewilligt. Der Verurteilte stellt sich zwischen den Instanzen "passiv" und damit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens.

Hierbei müsste man zudem die Thematik ausklammern, ob der Begriff der "Angelegenheit" nach § 17 RVG auch für das Beratungshilfe-Verfahren Anwendung finden soll, oder – wie allgemein angenommen – bei der Beratungshilfe viel weiter zu fassen ist.

bb) Zweite Möglichkeit

Es liegt (lag) ein gerichtliches Verfahren vor. Beratungshilfe kann mit der strengen gesetzlichen Formulierungsanwendung ("außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens") nicht mehr bewilligt werden.

cc) Dritte Möglichkeit

War der Rechtsuchende bereits anwaltlich (oder durch eine sonstige Beratungsperson) vertreten und soll diese Vertretung personenidentisch beibehalten bleiben, kann die Beratung über die Frage der Erfolgsaussicht einer möglichen Berufung auch als Nebenverpflichtung aus dem anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag verstanden und subsumiert werden, sodass insoweit die Prüfung einer Erfolgsaussicht auch hier noch von den Gebühren des vorangegangenen Verfahrensabschnittes mit abgedeckt ist, daher in dieser speziellen Konstellation zur Prüfung der Erfolgsaussicht keine Beratungshilfe mehr bewilligt werden kann.

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