I. Vergütungsfestsetzungsantrag des Rechtsanwalts C

Rechtsanwalt C wird gem. § 11 Abs. 1 RVG die Festsetzung folgender Gebühren und Auslagen gegen B beantragen:

 
 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 1.068,60 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)  
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 206,83 EUR
  Gesamt 1.295,43 EUR

II. Entscheidung im Vergütungsfestsetzungsverfahren

Der mit dem Vergütungsfestsetzungsverfahren befasste Rechtspfleger wird prüfen, welcher Art die vom B erhobenen Einwendungen sind.

1. Außergebührenrechtlicher Einwand

Mit dem Einwand der Schlechtvertretung handelt es sich um einen außergebührenrechtlichen Einwand. Dieser bedarf keiner Substantiierung oder gar Schlüssigkeit. Der Rechtspfleger hat lediglich zu prüfen, ob – die Richtigkeit dieses Einwandes unterstellt – der im Vergütungsfestsetzungsverfahren geltend gemachte Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts C in irgendeiner Weise berührt werden kann.

Dies ist hier der Fall. Mit dem Einwand der Schlechtvertretung und dem durch den Akteninhalt bestätigten Vortrag des B, dieser habe sich durch einen neuen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen müssen, hat B konkludent geltend gemacht, infolge der Kündigung des Anwaltsvertrages sei ihm in der Form weiterer Anwaltskosten ein Schaden entstanden, mit dem er gegen die von Rechtsanwalt C geltend gemachte Anwaltsvergütung aufrechne.[5] Ob der Einwand der Schlechtvertretung zutrifft, hat der Rechtspfleger im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht zu prüfen. Bereits die Erhebung dieses außergebührenrechtlichen Einwandes führt somit gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG zur Ablehnung der Vergütungsfestsetzung.

[5] S. LAG Kiel AGS 2022, 352 [Hansens], in diesem Heft.

2. Reichweite des außergebührenrechtlichen Einwandes

Der Rechtspfleger hat lediglich zu prüfen, wie weit ("soweit") der Einwand reicht. Der Rechtspfleger muss also überschlägig prüfen, ob dem B nach dessen als richtig zu unterstellenden Vortrag ein Schaden entstanden sein kann, der die Vergütungsforderung des Rechtanwalts C übersteigt. Das kann hier gegeben sein. Dem neuen Prozessbevollmächtigten des Beklagten Rechtsanwalt D ist für das Betreiben des Geschäfts (s. Vorbem. 3 Abs. 2 VV) jedenfalls die 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 VV nach einem Gegenstandswert von 20.000,00 EUR angefallen. Da Rechtsanwalt D nach dem Vorbringen des B an dem Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs über die Klageforderung mitgewirkt hat, ist ihm eine 1,0-Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV (s. Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 1000 VV) angefallen. Daneben steht Rechtsanwalt D auch die Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV und auf den Gesamtbetrag 19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV zu.

Diese Vergütung übersteigt den von Rechtsanwalt C geltend gemachten Vergütungsbetrag erheblich. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bei der von B für richtig angesehenen Verfahrensweise möglicherweise neben einer 1,5-Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV für die außergerichtliche Vertretung angefallen wäre. Möglicherweise wäre aber auch eine außergerichtliche Erledigung ohne Vergleichsschluss in Betracht gekommen. Vielleicht hätte der Kläger aber auch trotz vorgerichtlicher Bemühungen zur Streitbeilegung auf Seiten von B gleichwohl Klage erhoben. Welche Vergütung bei der gedachten alternativen Vertretung tatsächlich entstanden wäre, lässt sich somit im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht klären. Der Rechtspfleger wird deshalb die Vergütungsfestsetzung gem. § 11 Abs. 5 RVG insgesamt ablehnen. Ob sich Rechtsanwalt C tatsächlich schadensersatzpflichtig gemacht hat und wie hoch der Schaden ggfs. ist, kann dann nur in einem Rechtsstreit geklärt werden, bspw. in seinem Honorarprozess des Rechtsanwalts C gegen B.

Autor: VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin

AGS 8/2022, S. 342 - 344

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