§ 34 RVG; Vorbem. 2.3 Abs. 3, Nr. 2300 VV RVG; §§ 1835 Abs. 3, 1836 BGB; § 277 FamFG

Leitsatz

  1. Die Vergütung eines als Verfahrenspfleger berufsmäßig tätigen Rechtsanwalts für die Prüfung und Erteilung der Zustimmung bezüglich eines vom Nachlasspfleger für die unbekannten Erben geschlossenen Grundstückskaufvertrags richtet sich im Regelfall nach dem RVG.
  2. Bei der Prüfung und Erteilung der Zustimmung handelt es sich um eine Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags i.S.v. Vorbem. 2.3 Abs. 3 zu Nr. 2300 VV, sodass eine Gebühr gem. Nr. 2300 VV und nicht nur eine Beratungsgebühr gem. § 34 RVG entsteht.

OLG Bremen, Beschl. v. 21.10.2020 – 5 W 14/20

I. Sachverhalt

Das AG Bermen – Nachlassgericht – hatte gem. § 1960 BGB einen Nachlasspfleger für die unbekannten Erben des Erblassers bestellt. Dessen Wirkungskreis umfasste die Ermittlung der Erben und die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses. Zu diesem Nachlass gehörte u.a. ein Grundstück, bestehend aus einer Gebäude- und Hoffläche sowie Weideland, einem Graben und einem Fleet. Nachdem der Nachlasspfleger für dieses Grundstück einen Käufer gefunden und mit diesem am 12.11.2019 einen notariellen Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von 480.000 EUR geschlossen und eine Genehmigung beim Nachlassgericht beantragt hatte, bestellte das Nachlassgericht durch Beschl. v. 28.1.2020 einen Rechtsanwalt zum Verfahrenspfleger. In diesem Beschluss stellte das Nachlassgericht fest, dass der Verfahrenspfleger sein Amt berufsmäßig ausübe. Als Aufgabenkreis war die Vertretung der unbekannten Erben innerhalb des Genehmigungsverfahrens hinsichtlich des notariellen Grundstückskaufvertrags angegeben.

Der zum Verfahrenspfleger bestellte Rechtsanwalt nahm Akteneinsicht und forderte von dem Nachlasspfleger ein von diesem eingeholtes Verkehrswertgutachten an. Danach teilte der Verfahrenspfleger dem Nachlassgericht mit, gegen die Erteilung der nachlassgerichtlichen Genehmigung für den Grundstückskaufvertrag bestünden keine Bedenken. Der Kaufpreis sei angemessen, die vertraglich vereinbarten Regelungen seien geeignet, die Interessen der unbekannten Erben zu wahren. Ferner sei die Kaufpreiszahlung durch Abwicklung über ein Notaranderkonto gewährleistet, wobei die hierdurch entstehenden Kosten zu Lasten des Käufers gingen. Anschließend reichte der Verfahrenspfleger seinen Vergütungsantrag ein. Auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 480.000 EUR, der dem Kaufpreis des Grundstücks entsprach, berechnete er eine 1,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV nebst Postentgeltpauschale und Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt knapp 5.000 EUR.

Der hierzu gehörte Nachlasspfleger hat diese Vergütung als unangemessen hoch angesehen, da der erforderliche Arbeitsaufwand des Verfahrenspflegers allenfalls zwei bis drei Stunden betragen habe. Wenn überhaupt das RVG anwendbar sei, sei eine Beratungsgebühr nach § 34 RVG ausreichend.

Das Nachlassgericht setzte die von dem Verfahrenspfleger beantragte Vergütung antragsgemäß fest. Der hiergegen von dem Nachlasspfleger eingelegten Beschwerde hat das Nachlassgericht nicht stattgegeben. Die Beschwerde blieb auch vor dem OLG Bremen erfolglos.

II. Vergütungsanspruch des Verfahrenspflegers

1. Gesetzliche Grundlagen

Nach Auffassung des OLG Bremen finden auf den Vergütungsanspruch des im Nachlassverfahren bestellten Verfahrenspflegers die Regelungen der § 277 FamFG, § 1835 BGB entsprechende Anwendung (so auch OLG Köln Rpfleger 2018, 328; OLG Düsseldorf Rpfleger 2015, 705). Nach dem somit entsprechend anwendbaren § 1835 Abs. 1 BGB kann der Verfahrenspfleger für die zum Zwecke der Führung der Pflegschaft getätigten Aufwendungen nach Auftragsrecht Vorschuss oder Ersatz verlangen. Gem. § 1835 Abs. 3 BGB gelten als Aufwendungen auch solche Dienste des Verfahrenspflegers, die zu seinem Gewerbe oder seinem Beruf gehören.

2. Abrechnung nach dem RVG bei berufsmäßig geführter Pflegschaft

Wird die Verfahrenspflegschaft von einem Rechtsanwalt berufsmäßig geführt, so kann der Verfahrenspfleger nach den weiteren Ausführungen des OLG Bremen seine Tätigkeit nach dem RVG abrechnen, wenn er im Rahmen seiner Bestellung anwaltliche Tätigkeiten erbracht hat, für die ein juristischer Laie in gleicher Lage vernünftiger Weise einen Rechtsanwalt zuziehen würde (s. BGH Rpfleger 2015, 141 = NJW-RR 2015, 66; BGH NJW 2012, 3307). Ein solcher Fall hat hier nach Auffassung des OLG vorgelegen.

Hat das Nachlassgericht bei der Bestellung des Verfahrenspflegers die Feststellung getroffen, dass dieser eine anwaltsspezifische Tätigkeit ausübe, so sei regelmäßig davon auszugehen, dass der Verfahrenspfleger im Rahmen seines Aufgabenbereichs berufsmäßige Tätigkeiten zu erbringen habe. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Verfahrenspfleger ausdrücklich "als Rechtsanwalt" zum Pfleger bestellt worden sei (so BGH AGS 2014, 376 = Rpfleger 2014, 671). Unter Hinweis auf die vorgenannte Entscheidung des BGH hat das OLG Bremen ausgeführt, die bloße Feststellung der "berufsmäßigen Ausübung" reiche hierfür nicht aus. Somit müsse im konkreten Fall festgestellt werden, ob ein Laie in der vorliegenden Situation einen...

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