Wie dieser Fall zeigt, kann es aber nicht schaden, wenn sich der Anwalt selbst die Arbeit macht und dem Rechtspfleger vorrechnet, welche PKH-Vergütung anzurechnen ist und welche nicht. Die Erfahrung zeigt leider – wie hier –, dass die Rechtspfleger mit der Vorschrift des § 59 Abs. 2 RVG nicht hinreichend umgehen können, sodass es dann zu Rechtsmittelverfahren kommt, die – wie hier – letztlich völlig überflüssig sind.

 

Beispiel

Der Kläger klagt auf Zahlung von 10.000,00 EUR. Ihm wird ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und sein Anwalt beigeordnet. Das Gericht spricht dem Kläger 8.000,00 EUR zu und weist die Klage i.Ü. ab. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 20 % und der Beklagte zu 80 %.

Aus den Landeskasse erhält der beigeordnete Anwalt nach dem Wert von 10.000,00 EUR:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG   440,70 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG   406,80 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 867,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   164,83 EUR
  Gesamt 1.032,33 EUR

Die gesetzliche Vergütung berechnet sich wie folgt:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 13 RVG   798,20 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 13 RVG   736,60 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.554,80 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   295,41 EUR
  Gesamt 1.850,21 EUR

Nunmehr meldet der beigeordnete Anwalt des Klägers gem. § 126 ZPO seine Kosten zur Festsetzung an und bittet die gezahlte PKH-Vergütung abzuziehen. Der Beklagte meldet gem. § 106 ZPO seine Kosten in gleicher Höhe an.

Es ergibt sich jetzt zugunsten des beigeordneten Anwalts ein Kostenerstattungsanspruch i.H.v.

 
Kosten Kläger 1.850,21 EUR
Kosten Beklagter 1.850,21 EUR
Gesamt 3.700,42 EUR
Hiervon 80 % 2.960,34 EUR
./. eigene Kosten Beklagter – 1.850,21 EUR
Erstattungsanspruch 1.110,13 EUR

Hierauf ist jetzt die PKH-Vergütung anzurechnen. Dabei bleibt der Differenzbetrag zwischen

 
Wahlanwaltsvergütung 1.850,21 EUR
PKH-Vergütung – 1.032,33 EUR
Gesamt 817,88 EUR

anrechnungsfrei.

Gem. § 126 ZPO werden also für den beigeordneten Anwalt des Klägers (weitere) 817,88 EUR gegen den Beklagten festgesetzt.

Der restliche Erstattungsbetrag i.H.v. (1.110,13 EUR – 817,88 EUR =) 295,25 EUR

geht auf die Landeskasse über und wird von dieser zzgl. 80 % der Gerichtskosten beim Beklagten eingezogen.

Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen

AGS 7/2023, S. 324 - 326

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