1. Kritik

Ich halte die Entscheidung des BGH nach wie vor für unzutreffend.

Soweit der BGH der Auffassung ist, der Anwalt würde den Terminsvertreter eigennützig beauftragen, so ist dies meiner Auffassung nach nicht zutreffend. Der Anwalt braucht den Terminsvertreter nicht, um die Terminsgebühr zu verdienen. Der Terminsvertreter wird eingeschaltet, um dem Mandanten die höheren Kosten einer eigenen Reise bzw. die höheren Kosten eines von ihm selbst beauftragten Terminsvertreters zu ersparen.

 

Beispiel 1

Anwalt und Mandant haben ihren Sitz in Köln. Es kommt zu einem Rechtsstreit vor dem LG München I. Der Streitwert beträgt 20.000,00 EUR. Der Kölner Rechtsanwalt fährt zum Termin nach München. Es kommt zu einem weiteren Termin in München, in dem nur noch einmal die Anträge gestellt werden müssen. Dazu beauftragt der Kölner Anwalt in Abstimmung mit dem Kläger einen Terminsvertreter in München und handelt mit ihm ein Honorar für die Terminsvertretung i.H.v. 500,00 EUR (netto) aus.

Der Terminsvertreter erhält vom Hauptbevollmächtigten:

 
1. Pauschalhonorar 500,00 EUR
2. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 95,00 EUR
  Gesamt 595,00 EUR

Der Hauptbevollmächtigte rechnet mit der Partei anschließend wie folgt ab:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.068,60 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   986,40 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
4. Auslagen Terminsvertreter 500,00 EUR
  Zwischensumme 2.575,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   489,25 EUR
  Gesamt 3.064,25 EUR

Jetzt hat der Hauptbevollmächtigte die Terminsgebühr schon längst verdient. Er braucht den Terminsvertreter nicht, um die Terminsgebühr zu verdienen, sondern, damit er nicht nach München fahren muss und der Partei hohe Reisekosten des Hauptbevollmächtigten oder die Kosten eines Terminsvertreters vermieden werden.

Wäre der Hauptbevollmächtigten selbst zum zweiten Termin gefahren, wären anstelle der 500,00 EUR zusätzliche Fahrtkosten angefallen i.H.v.

 
1. Reisekosten, Köln-München und zurück 524,16 EUR
  (2 x 624 km x 0,42 EUR)  
2. Abwesenheitspauschale 80,00 EUR
  Gesamt 604,16 EUR

Wäre ein Terminsvertreter im Auftrag der Partei beauftragt worden, wäre zusätzlich eine 0,65-Gebühr zzgl. Postentgeltpauschale angefallen:

 
1. 0,65-Verfahrensgebühr, Nrn. 3401, 3100 VV 534,30 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)  
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  Gesamt 554,30 EUR

Für die Terminsgebühr des Hauptbevollmächtigten ist es unerheblich, ob er den Termin in München selbst wahrnimmt oder ob er im Namen des Mandanten einen Terminsvertreter beauftragt oder im eigenen Namen. Er erhält in allen Fällen die Terminsgebühr.

Nur für den Mandanten ergeben sich Unterschiede. Beauftragt der Prozessbevollmächtigte den Terminsvertreter im eigenen Namen, kostet ihn das nur 500,00 EUR. Die beiden anderen Varianten sind teurer. Wie man hier auf die Idee kommen kann, die Beauftragung des Terminsvertreters durch den Hauptbevollmächtigten erfolge eigennützig, ist nicht nachzuvollziehen.

Auch das Ergebnis ist widersinnig. Wenn der Anwalt für teures Geld zum auswärtigen Termin anreist, was auch nicht gerade umweltfreundlich ist (beim diesjährigen Anwaltstag ging es um Nachhaltigkeit!), sind diese Kosten erstattungsfähig. Die günstigeren und umweltverträglicheren Kosten der Beauftragung eines gerichtsansässigen Anwalts sind dagegen nicht zu erstatten.

Der BGH vermag auch nicht zu erklären, wieso die Sache in der PKH/VKH anders laufen soll. Es geht um die Frage, ob die Kosten eines Terminsvertreters Auslagen i.S.d. Vorbem. 7 VV sind. Hier gibt es nur zwei Möglichkeiten: Sie sind es oder sie sind es nicht. Eine Auslage hängt nicht davon ab, ob der Anwalt im Rahmen der PKH beigeordnet ist oder ob er Wahlanwalt ist.

Denkbar ist ja sogar beides. Nimmt man einmal an, der Anwalt beauftragt im eigenen Namen einen Terminsvertreter und rechnet dessen Kosten als Auslage mit der Landeskasse ab. Gewinnt er anschließend den Prozess, dann müsste die Landeskasse zwar die Kosten des Terminsvertreters zahlen. Ein Erstattungsanspruch gegen die Gegenseite ginge aber nicht auf die Landeskasse über, weil die Auslagen, die die Landeskasse an den Anwalt gezahlt hat, plötzlich keine Auslagen mehr wären.

2. Alternative Lösung über Gebührenteilungsvereinbarung

Geht man davon aus, dass die Beauftragung eines Terminsvertreters im Namen des Anwalts nicht erstattungsfähig ist, bedeutet dies aber nicht, dass man das bisherige Ergebnis nicht auch anderweitig erreichen kann. Das gewünschte Ergebnis lässt sich nämlich auch durch eine anderweitige Gebührenteilungsvereinbarung regeln.

Herkömmlicherweise wird bei Einschaltung eines Terminsvertreters im Namen des Mandanten eine hälftige Teilung sämtlicher Gebühren vereinbart. Diese hälftige Teilung ist aber nicht zwingend.

In Anbetracht dessen, dass in der Regel die gesamte Arbeit beim Hauptbevollmächtigten liegt, der den Sachverhalt eruieren muss, Besprechungen mit der Partei führt, die Klage vorbereitet, Sch...

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