1. Keine Verfahrensgebühr, sondern Geschäftsgebühr

Die Entscheidung ist im Wesentlichen unzutreffend. Das Amtsgericht verkennt, dass hier gerade keine Vollstreckungsmaßnahme vorliegt. Was gewesen wäre, wenn vollstreckt worden wäre, ist irrelevant. Dass die Gläubigerin hätte vollstrecken können, mag sein. Dies ist aber ein anderer Fall. Der Schuldner hatte hier freiwillig seine Gehaltsanteile abgetreten. Mit der Abtretung der Gehaltsanteile sind die entsprechenden Gehaltsansprüche auf die Gläubigerin übergegangen. Die Gläubigerin war also kraft Abtretung nunmehr selbst Inhaberin der Forderung geworden. Soweit die Gläubigerin dann den Arbeitgeber angeschrieben und die Abtretung offengelegt hat, handelt es sich um die Vorbereitung der Durchsetzung der abgetretenen Gehaltsansprüche. Das aber ist eine Geschäftstätigkeit nach Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV. Es gilt hier nichts anderes, als hätte die Gläubigerin die Ansprüche eingefordert, was sie faktisch mit der Abtretungsanzeige auch gemacht hat. Das Vorgehen der Gläubigerin hat also mit einer Vollstreckung überhaupt nichts zu tun, sondern ist – wie bereits ausgeführt – reine Geschäftstätigkeit.

2. Gebührensatz im Ergebnis zutreffend

Allerdings wird man der Hilfsbegründung des AG Norderstedt folgen müssen. Die bloße Anzeige einer Abtretung dürfte den Tatbestand der Nr. 2301 VV (einfaches Schreiben) erfüllen. Dieses Schreiben erfordert weder tatsächliche noch rechtliche Ausführungen. Auch erledigt sich die Sache mit dem einfachen Schreiben, da hier nur die Wirkungen des § 407 BGB verhindert werden sollen, was ja Sinn und Zweck dieses Schreibens ist.

3. Unterschied bei weiterer Tätigkeit

Auch wenn es hier im Ergebnis nicht darauf ankommt, ob man die 0,3-Gebühr aus Nr. 3309 VV oder Nr. 2301 VV herleitet, wirkt sich dies doch spätestens dann aus, wenn die Gehaltsforderungen eingezogen werden müssen. Dabei entsteht dann nämlich nicht eine neue Geschäftsgebühr; vielmehr erstarkt die bisherige Geschäftsgebühr mit dem verminderten Gebührensatz von 0,3 (Nr. 2301 VV) nunmehr zu einer vollen Geschäftsgebühr aus dem vollen Rahmen der Nr. 2300 VV, die dann auch – im Gegensatz zu einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV in einem Einziehungsprozess gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV hälftig anzurechnen wäre.

Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen

AGS 7/2021, S. 305 - 306

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