1. Verfahrensrechtliches

Gem. § 766 Abs. 1 S. 1 ZPO entscheidet über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen, die die Art und Weise der Zwangsvollstreckung betreffen, das Vollstreckungsgericht. Dieses ist gem. § 766 Abs. 1 S. 2 ZPO befugt, die in § 732 Abs. 2 ZPO bezeichneten Anordnungen zu erlassen, insbesondere eine einstweilige Anordnung dahin zu treffen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweiligen einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen sei. Von § 766 Abs. 1 S. 1 ZPO erfasst sind insbesondere Erinnerungen gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Rechtspflegers. Diesem sind gem. § 3 Nr. 3a i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 17 RPflG die Zwangsvollstreckungsverfahren nach dem 8. Buch der ZPO übertragen, somit auch die Forderungspfändung nach den §§ 828 bis 863 ZPO. Im Verfahren der Forderungspfändung sind gem. § 766 Abs. 1 S. 1 ZPO nur die Vollstreckungsmaßnahmen des Rechtspflegers anfechtbar, nicht hingegen Entscheidungen des Rechtspflegers im Verfahren der Forderungspfändung. Eine Entscheidung im Verfahren über den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ergeht dann, wenn der Rechtspfleger den Antrag des Gläubigers ganz oder teilweise ablehnt oder ihm ganz oder teilweise stattgibt, nachdem er dem Schuldner (etwa gem. § 850b ZPO) oder dem Drittschuldner rechtliches Gehör gewährt hat. Vorliegend hat es sich offensichtlich um eine Erinnerung gem. § 766 Abs. 1 S. 1 ZPO gegen eine Vollstreckungsmaßnahme des Rechtspflegers gehandelt.

Nach Einlegung einer gegen seine Maßnahme gerichteten Vollstreckungserinnerung nach § 766 Abs. 1 S. 1 ZPO hat der Rechtspfleger zu prüfen, ob er dieser Erinnerung abhilft. Erst wenn der Rechtspfleger der Erinnerung ganz oder teilweise nicht abhilft, hat er sie dem Richter des Vollstreckungsgerichts vorzulegen (s. § 20 Abs. 1 Nr. 17 RPflG). Im Fall des LG Wuppertal hatte der Rechtspfleger im Rahmen des Abhilfeprüfungsverfahrens gem. § 766 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 732 Abs. 2 ZPO eine einstweilige Anordnung getroffen, deren Inhalt in den Beschlussgründen nicht mitgeteilt wird.

2. Einstweilige Anordnung

Bei dem Erlass dieser einstweiligen Anordnung handelt es sich um eine Vollstreckungsentscheidung des Rechtspflegers, nicht hingegen lediglich um eine Vollstreckungsmaßnahme. Grds. findet gegen im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergangene Entscheidungen gem. § 793 ZPO die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt gem. § 11 Abs. 1 RPflG auch dann, wenn die Entscheidung vom Rechtspfleger getroffen wurde. Eine sofortige Beschwerde ist jedoch dann nicht zulässig, wenn sie sich gegen eine einstweilige Anordnung richtet (s. Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl., 2020, § 766 Rn 35; Zöller/Seibel, ZPO, a.a.O., § 732 Rn 17; OLG Köln Rpfleger 1996, 324). Ist die einstweilige Anordnung hingegen – wie hier – vom Rechtspfleger getroffen worden, ist sie gem. § 11 Abs. 2 RPflG mit der befristeten Rechtspfleger-Erinnerung anfechtbar (OLG Köln NJW-RR 2001, 69). Im Fall des LG Wuppertal handelte es sich um eine solche Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG.

3. Anwaltsvergütung

Nach Auffassung des LG Wuppertal handelt es sich bei der anwaltlichen Vertretung der Gläubigerin in diesem Erinnerungsverfahren nicht um eine besondere Angelegenheit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG. Nach dieser Vorschrift ist jedes Verfahren über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers eine besondere Angelegenheit, soweit sich aus § 16 Nr. 10 RVG nichts anderes ergibt. Diese Vorschrift betrifft Kostenfestsetzungsverfahren und Kostenansatzverfahren, nicht hingegen das hier vorliegende Vollstreckungsverfahren.

a) Gesetzeswortlaut

Das LG Wuppertal ist zunächst davon ausgegangen, dass der Wortlaut des § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG auch die Entscheidung des Rechtspflegers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 766 Abs. 1 S. 2 ZPO i.V.m. § 732 Abs. 2 ZPO erfasst.

b) Wertung des Gesetzgebers

Gleichwohl kann nach den weiteren Ausführungen des LG Wuppertal der Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin für die Vertretung in dem Verfahren über die Erinnerung gegen die einstweilige Anordnung keine besondere Vergütung berechnen, weil dies der Wertung des § 19 Abs. 2 Nr. 2 RVG widerspräche. Nach dieser Bestimmung gehört die Erinnerung nach § 766 ZPO zu der Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch diese vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG. Zwar handele es sich vorliegend nicht um eine Erinnerung nach § 766 ZPO, sondern um eine Rechtspfleger-Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG. Das LG Wuppertal zieht jedoch einen Erst-Recht-Schluss. Aus der gesetzgeberischen Wertung ergebe sich, dass die Tätigkeit im Rahmen einer Vollstreckungserinnerung gem. § 766 ZPO für den mit dem entsprechenden Zwangsvollstreckungsverfahren befassten Rechtsanwalt keine gesonderte Anwaltsvergütung auslöst. Dies gelte erst recht für die Rechtspfleger-Erinnerung gegen eine Entscheidung, die diese Entscheidung über die Vollstreckungserinnerung nach ...

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