Die Erinnerung ist unbegründet.

Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist rechtmäßig und verletzt die Erinnerungsführerin nicht in ihren Rechten.

1. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat zu Recht die Verfahrensgebühr der ersten Instanz des ersten Rechtszuges auf die Verfahrensgebühr des zweiten Rechtszuges angerechnet.

a) In Verfahren vor den Finanzgerichten entsteht gem. Nr. 3200 VV eine Verfahrensgebühr i.H.v. 1,6. Gem. § 15 Abs. 1 RVG entgilt die Gebühr die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit. Gem. § 21 Abs. 1 RVG ist – soweit eine Sache an ein untergeordnetes Gericht zurückverwiesen wird – das weitere Verfahren vor diesem Gericht ein neuer Rechtszug. Gem. Vorbem. 3 Abs. 6 VV ist – soweit eine Sache an ein untergeordnetes Gericht zurückverwiesen wird, das bereits mit der Sache befasst war – die vor diesem Gericht bereits entstandene Verfahrensgebühr auf die Verfahrensgebühr für das erneute Verfahren anzurechnen. Ist der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, gilt gem. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und die im RVG bestimmten Anrechnungen von Gebühren entfallen.

In der Rspr. der Zivilgerichte wird die Vorschrift des § 15 Abs. 5 S. 2 RVG auf die Fälle angewendet, in denen zwischen der Beendigung der ersten Instanz und der Beendigung der zweiten Instanz durch Zurückverweisung mehr als zwei Jahre vergangen sind (vgl. für die Zurückverweisung vom OLG an das LG: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.3.2009 – I-10 W 150/08 [= AGS 2009, 212]; für die Zurückverweisung vom BGH an das OLG: OLG Köln, Beschl. v. 4.5.2009 – I-17 W 98/09; OLG München, Beschl. v. 12.5.2006 – 11 W 1378/06 [= AGS 2006, 369]; OLG Hamburg, Beschl. v. 4.4.2014 – 8 W 84/13 [= AGS 2014, 267]).

Das FG Baden-Württemberg geht offensichtlich ebenfalls von einer Nichtanrechnung im Falle der Zurückverweisung aus, musste diese Frage letztlich jedoch nicht entscheiden, da im Streitfall die Zweijahresfrist nicht abgelaufen war (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.3.2011 – 11 KO 5287/08).

In allen Fällen ist aus den Entscheidungen nicht ersichtlich, dass die Prozessbevollmächtigten der vorhergehenden Instanz auch die Prozessbevollmächtigten der Folgeinstanz waren. Gerade im Hinblick auf die Zurückverweisungen durch den BGH ist von einer solchen Personenidentität jedoch nicht auszugehen, da zivilrechtliche Revisionsverfahren nur durch beim BGH zugelassene Rechtsanwälte betreut werden dürfen.

Das FG Köln hat entschieden, dass § 15 Abs. 5 S. 2 RVG im Falle einer Zurückverweisung durch den BFH an das FG nicht einschlägig ist, wenn der Bevollmächtigte den Kläger in beiden Instanzen vertreten hat und insofern eine erneute Einarbeitung in den Streitstoff für den zweiten Rechtsgang nicht anzunehmen ist. Ein Unterbleiben der Anrechnung der Verfahrensgebühr entspreche in einem solchen Fall nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift (vgl. FG Köln, Beschl. v. 7.8.2012 – 10 Ko 783/11).

In der Lit. wird teilweise darauf hingewiesen, dass der Grund der Ausnahmevorschrift des § 15 Abs. 5 S. 2 RVG darin zu sehen sei, dass nach Ablauf von zwei Kalenderjahren erfahrungsgemäß eine vollständige erneute Einarbeitung in ein Mandat erfolgen müsse (vgl. Mayer, in: Gerold/Schmidt, § 15 RVG, Rn 135). Zum Teil wird für den Fall der Zurückverweisung ein Ausscheiden der Anrechnung angenommen, wenn der frühere Auftrag zur Betreuung im ersten Rechtsgang seit mehr als zwei Jahren erledigt ist (vgl. Brandt in Gosch, § 139 FGO, Rn 203). Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass die Anwendbarkeit von § 15 Abs. 5 S. 2 RVG nicht nur auf solche Fälle beschränkt sei, in denen ein Rechtsanwalt mehr als zwei Jahre überhaupt nicht mit einer Angelegenheit befasst gewesen sei, sondern das Ausscheiden der Anrechnung bereits dann greife, wenn zwischen erstinstanzlichem Urteil und der Zurückverweisungsentscheidung lediglich zwei Jahre abgelaufen seien, unabhängig davon, ob der Prozessbevollmächtigte auch die Vertretung im Rechtsmittelverfahren übernommen habe (vgl. Olgemöller, Stbg 2012, 312, der jedoch auch darauf hinweist, dass in einem finanzgerichtlichen Revisionsverfahren lediglich eine rechtliche Prüfung erfolge, sodass für einen Rechtsanwalt im zweiten Rechtszug eine erneute Einarbeitung in die tatsächlichen Gegebenheiten erforderlich sein könne).

In der Gesetzesbegründung zu § 15 Abs. 5 S. 2 RVG wird zum Sinn und Zweck der Vorschrift ausgeführt, dass die in den geregelten Fällen vorgesehenen Anrechnungen entfallen sollen, weil "sich der Anwalt wegen des Zeitablaufs wieder neu in die Angelegenheit einarbeiten muss" (vgl. BT-Drucks 15/1971, 190).

b) Unter Berücksichtigung des dargestellten Meinungsstandes kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass im Streitfall die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zu Recht eine Anrechnung der Verfahrensgebühr des ersten Rechtsgangs auf die Verfahrensgebühr des zweiten Rechtsgangs vorgenommen hat. Diese Anrechnung ist im Gesetz für den Fall der Zurückverweisung als...

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